Full text: St. Ingberter Anzeiger

an der Unterhaliun, der Beiden genommen, 
sich vielmehr angelegentlichst mit der Zeitung 
beschäftigt hatte. Ein scharfer Beenhachter 
würde indeß bemerkt haben, daß dieser Fremde 
weniger der Ze tung als jenem Gespräch seine 
Aufmertsamkeit schenkte. Jetzt, als die beiden 
das Zimmer nerließen. stand auch er leise 
auf. Seine äußere Erscheinung tug ganz das 
Gepäge eines denischen Gelehrten. Lange 
blonde Locken fi⸗lea unter dem breiträndigen 
Hute, den er tief ins Geficht gedrüdt hatte, 
auf die Schultern nieder, und die Spitzen des 
dichten blonden Bartes reichten bis auf die 
Brust. Anscheinend absichtslos setzte er sich 
dicht an die Thür, welche in das Nebenzim⸗ 
mer fübrte, und durch einige geschidte Beweg⸗ 
ungen wußte er diese um die Breite eines 
Fingers zu öffnen, oune daß die Beiden, 
welche ganz in ihre Unterhaltung vertieft waren, 
dies bemerkten. 
„Sie sind mil ihrem Prinzipal unzufrieden 
und ich glaube den Grund dieser Unzufrieden⸗ 
heit in dem anmaßenden Stolz und der 
Verachtung, mit welcher er auf Alle, die ihm 
gleich stehen, herabsieht, fiaden zu lönnen,“ hub 
der Referendar an. 
„Errathen“, versetzte der Buchhalter, „ich 
hasse diesen Stolz, der um so unerträglicher 
ist, als der Commerzienrath eben keinen Grund 
hat, sich auf einen sehr hohen Standpuntt zu 
stellen. * 
IJh weiß, sein Geschäft steht nicht mehr 
so sest,“ fiel Waldau ihm in's Wort, „bedeu⸗ 
tende Veriuste haben die Fonds geschwächt, 
indeß, einige glückliche Operationen lönnen jene 
Veriuste dald wieder einbringen.“ 1 
Gewiß!“ meinte der Buchhalter. „Auf 
wessun Schultern aber ruht die Last? Wer 
muß die Operatisnen ersinnen und leiten * 
—Ich, der Bantier sitzt in seinem Kabinet 
und liest die Zeitungen, von mir wird die 
Leitung des Ge schafts verlangt.· 
Die Uunterhaltung stockte eine Weile. Der 
Nelkerendar füllte die Gläser und noöthigte den 
alten Mann, zu trinken. 
‚Wissen Sie, wos P'pin der Kleine in 
einen solchen Falle thau?“ hud Waldau end⸗ 
lich on. „Er sragte den Papst, ob der 
caiser sein solle, weicher die Krone trage, 
oder d er, welcher regiere ? Darauf anwortete 
der Papst, der, welcher regiere. Ppin saidte 
den Kaiser in's Kloster und bestieg den 
Thron.“ 
Der Bu chalter lächelte. „Kurz und bündig, 
— so liebe id's.“ entgegnete er, „aber wie 
paßt dieses Stüchchen deuischer Geschichte auf 
mein Verhältniß zu dem Commerzienrath?“ 
‚Wir passen es ihm an, ich denke so viel 
Grütze werden wir beidelhaben. Gesetzt. Sie er⸗ 
scheinen eines Tages als der alleinige Inhaber 
der Firma. „Weber und Compagnie“ in der 
Borse, würde das für Sie nicht ein großer 
Triumph sein Vielleicht böte Ihr jetziger 
Prinzipal Ihnen dann als Agent seine Dienste 
an; stachelt das nicht Ihren Ehrgeiz?“ — 
„Ich würde darin nur eine große Ver—⸗ 
geltung des Schichsals finden, wie aber wollen 
—A 
GFortsetzung folgt.) 
Mannigsaltiges. 
Newyork. Ein Blatt erzählt, daß 
züngst in einer öffentlichen Schule zu Fall 
River, in Massachusetts, ein kleines Mädchen 
sich beim Schulmeister beschwerdete, daß ein 
stnabe mit einem Pistol auf ihre Füße gezielt 
habe. „Wer trägt Pistolen bei sich ?“ fragte 
entrüstet der Schulcme ster, und auf der Stelle 
meldeten sich fünf Knaben, die geladene Pi⸗ 
stulen aus ihren Taschen producirten. 
Irn Paris starb der Vater Henry Roche⸗ 
foris. 81 Jahre alt; er war früher Mitarbeiter 
äXR 
Tayenne, hatte mehrere Vaudevilles, Volks⸗ 
dramen und Chansons verfertigt und war 
päter Stammgaft in dem Caf des Varietös, 
wo er den Spaßmacher spielte. 
Räthsel. 
Mir gehl's gerade wie den schechten Leuten, 
Man dibt sich mit mir ab, so lang man mich nicht lennt; 
Dleichgunig Jeder mir den Ruͤten wendi. 
Sobald er weiß, was ich had' zu bedeuten. 
Auslbjung des Logogryphs in Nr. 47 des Unferhalt⸗ 
—X 
5 Druc anVerban goi . A. Deqdrez in St. Inabert. *