Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anterhaltungsblatt 
amn 
St. Ingberter Anzeiger. 
Vn. I. 
Vonnerstag, den 27. April I7. 
Zie Brüder. 
Driginal-Novelle von Ewald August König. 
hat schon vor einigen Tagen bedentende 
Einkaufe machen wollen, ich rieth ihm ab, 
weil bis zum Frühjahr die Preise jedenfalls 
iallen werden. Rede ich ihm Morgen zu, so 
sauft er augenblidlich, so biel er nur bekom— 
nen kann.“ * 
Der Rrferendar erhob sich und durchschritt 
einige Male das Zimmer. 
„Sie haben nicht nöthig, sich Scrupel 
deßhalb zu machen,“ sagte er, indem er vor 
dem alten Manne stehen blieb, der schon im 
Heiste sich den Augenblick vergegenwät gle, 
n welchem er als Cuef des Hauses Weber 
und Compagnie“. in der Börse erscheinen 
würde. „Im Gischäftsleben gilt nur die 
Schlauheit. wer sein Schäfchen zu öcheeren 
veiß. ist zin Nart, wenn er es aus übertrie 
zener Ehrliatkeit hicht tbut. Ich biu überz ugt, 
der Commerzienrach verachtet deu drummeun 
Weg nicht, wenn er auf dem geraden das 
gewürschte Jiel nicht erreichen sann.“ 
Der Buchhatter schütteite den Kopf und 
ein Lächeln des Hohues umspielte seine 
Lppen. J 
Ich könnte Ihnen Stüdchen von ihm 
zriäulen, welche diesen Glauben rechtfertigen.“ 
erwiderte er. Höten Sie nur eins. Als der 
hor einigen Monaten verurtheille Cassirer 
Beorg Kraud verhaftet wurde, ließ der Cezn⸗ 
merztenrath den Iveiren Cunfirer in, fein 
Fabinet rufen. Ich ward hinausge schicht unv 
dieser Befehlereijte · mich, ai der Thüre u 
horchen.“ Jeer Mensch war demg Kanbkier 
XR empfohlen, er bau⸗ dia 
Fälschung entdeckt. Ich üörteè deumtich, daß 
der Commerzienrath zu ihm sagte, es merde 
(GFortsetzung.) J 
Der Referendar setzte das Glas an. die 
dippen und ließ schweigend seinen Blick eine 
Wene auf dem Antlitz des Buchhalters 
ruhen. 
„Nehmen wir den Fall an, das Bankhaus 
fallirt, nachdem Sie durch geschickte Spocue 
lationen sich in den Bsitz eines kleinen Ver⸗ 
mögens gebracht haben. Sie kennen die 
Gläubiger und übcerreden diese, mich zum 
Syndik zu wählen. Der Bankier bhat nicht 
die Mittel, durch einen günftigen Accord die 
Firma zu retten, Ihr Vermöa'n biett Ihunen 
dieselben. Sie saltetze 1den Accord ah, wobei 
Sie auf meinen Beistand recnen kö nen, und 
doernehmen Act va und Passiba. Dem Com- 
merz enrath madt maun einige Concessionen, 
um ihn zur Uebertraaung der Firma zu be⸗ 
wegen, später erinnert man sich denselben 
nicht.“ 
Der Buchhalier sah sinnend vor sich hin. 
„Der Pliu ist aut“ sagte er. Es käne 
vorläufig nur darauf an, den Bantier in die 
—V 
Taa dürfte Ihnen dem, Leiter des Ge⸗ 
scasis nicht schwer fallen. Sadließen Sie 
bedeutende, Lickerungsgeschäfte in Oel und 
Betreide für den Frutjahrstermin ab, wählen 
Sie dazu einen Agenten, der den Gewinn mit 
Ihnen theilt.“ I 
„Ja,— ja, so könnte es gehen,“ fiel Helmes 
lebhaft ihm in's Wort. „Der Commerzienrath