Wangen, die feine griechische Nase und die
schwellenden Lippen, die ein Zug stiller Weh—
muth umspielte, verliehen diesem Antlitz jene
antike Schöuheit, welche wir an den Töchtern
Italiens und Griechenlands bewundern. Nach⸗
läfsig ruhte die feine weiße Hand, welche vor
wenig Augenblicken noch die Stricknadel ge⸗
führt hatte, im Schooße, während die Linke
das müde Köpfchen stützte. J
„So ist also keine Rettungem hr, Steffens?“
wandte sie sich nach einer langen Pause an
einen alten Mann, der mit gefalteten Hän den
seitwärts neben dem Stickrahmen stand und
traurig vor sich hinblickte.
„steine,“ entgegnete der Alte tief aufseuf
zend, „es müßte denn sein, daß Herr Bölling
die Garantie übernähme?“
„Ich begreife noch immer nicht, wie das
so rasch gekommen ist,“ fuhr Helene leise, wie
mit sich selbst redend, fort. Im vergangenen
Derbst war das Geschäft meines Vaters das
ersie und bed eutendste in der Stadt, heute ist
er ein Bettler und die Firma geht in fremde
dãäude über.“
DO, zu begreifen ist das wohl, insofern
Nan die Schlechtigkeit gewisser“ Menschen be⸗
greifer kann,“ versetzte Steffens.
„Ich habe Ihrem' Herrn Vater vierzig
Fahre'lang treu und redlich gedient, und ge⸗
wissermaßen ein Glied des Haufes, hatte ich
mein Augenmerk auf Alles, was sich in meinet
Nähe zutrug. Als ich von Ihrem Herrn
Großvater, Gott habe den lieben; guten
herrn selig, eagagirt wurde, war das Geschäft
noch klein, auch an der Börse kannte man
uns kaum. Das änderte sich aber bald, Ihr
Herr Großvater war ein thätiger Mann und
nach zehn Jahren galten wir schon etwas.
Jett war die Bahn gebrochen und mit Rie⸗
senjchritten ging's vorwärts. Ihr Herr Vater
heirathete und übernahm das Geschäft. Auch
er haite Glück, so lande, bis er auf den
sündhaften Gedanken fiel, sich durch Getreide⸗
speculationen zu bereichern. Der Mensch mag
speculiren in was er will, nur vom Brod,
Salz und Oel soll er seine Hände lassen,
denn an jedem Pfennig, denn er durch folch
cündhaftes Beginnen verdient, klebt der Flus
der Armen. Das Volk'hat sie „Kornwölfe“
getauft und den Namen werdienen sie, diese
habsüchtigen Menschen, die, mit ihrem Reich—
thum nicht zufrieden, sich von dem Schweiße
des Armen noch miehr bereichern wollten?
Bottes Zorn ruht auf jedem diejer Kainsseelen,
des Armen Fluch begleitet sie auf allen
Wegen bis ins Grab.“
Helene schloß das Fenster. War es die
tühle Abendluft, oder der stechende Blick voll
zlühenden Hasses, was sie frösteln machte *
„Du urtheilst hart und vielleicht auch
ungerecht“ unterbrach sie den alten Maun.
„Mögen, die mir verzeihen, denen ich
Unrecht thue, ihre Zahl wird gering sein!
Hhötten Sie jenes Hungerjahr erlebt, in
velchem die Armen umsonst nach Brod bet⸗
elten, — hätten Sie gesehen, wie sie in ihren
leuden Hütten saßen, ohne Feuer, ohne
Rahrung, — hätten Sie gehört, wie damvb⸗“
zdie Kinder mit dem Tode ringend, um Brod
schrieen, während die verzweifelten Eltern
daneben standen, durch den Hunger abgestumpft
zegen all's dieses Slend, — wären Ihnen
die Eltern durch den Hungertyphus hingerafft
vorden, wie mir — — — ha. Fluch und
Berderben über die ganze Rotte, die den
Armen das trockene Brod raubt, um schwelgen
ind prassen zu können! Auch damals waren
vie Kornwucberer an dem ganzen Elend schuld,
ie verkauften, ihre ungeheuren Vorräthe nur
u den höchsten Preisen, und wußten sie, daß
zis morgen der Preis nur um zwei Pfennige
tieg, dann warteten sie, unbekümmert darum,
daßwährend dieser Frist Hunderte starben, die
dielleicht noch zerettet werden konnten.“
eGaortsetzung folgt.)
däthsell.
Nie gern geseh'n — besonders nicht im Putz,
Im Feierkeid, da wünscht uns Jeder fern;
Wir gebeu vielen Menschen Obdach, Schutz
Und uns besuchen Städtier oft und gern.
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z 28
Anflösung des Räthsels ir Me. 50 des Unterhal⸗
tungsblattes: Raäathsel.“
— r ⸗ —
Druch und Verlag von F. X. Deia e 3 in St. Ingbert. 91