Full text: St. Ingberter Anzeiger

lachte er höhnisch und bemerkte, er werde nie 
als Bettler die Schwelle seines Schwiegerfohnes 
überschreiten.“ * 
Das sagte er ?“ fragie Helene im Tone 
des Zweifels. 
„Mit denselben Worten! Wenn er auch 
nicht mehr Bankier ist, Commerzienrath ist 
Ihr Herr Vater geblieben“ — 
„Der Titel bringt ihm leider nichts ein,“ 
entgegnete Bölling. der undemerlk eingetreten 
war und die tetzten Worte gehört hatte. 
Helene erhod sich und nahm dem Gatten 
Hut und Stock ab. 
Steffens wandte sich, um hinauszugehen. 
Bölling rief ihn zurück. — 
„Ihr habi keinen Dienst ?“ fragte er. 
Der Alte schüttelte den Kopf . 
„Se könnt Ihr hier bleiben und die 
Aussicht über meinen Gewehrschrank und die 
Jagdhunde übernehmen.“ Meldet Euch bei 
meinem Verwalter.“ 
Sieffens daukte gerührt. Vor einer Sturde 
wußte er noch nicht, wohin er sein Haupt 
betien sollte, jetzt satz er sich jeder Sorge die⸗ 
serhalh überhoben. 
Bolling: zog die Gattin an sein Herz, 
als der Aite das Boudoir verlassen hatte. 
Der Schlag des Schichals, der Deinen 
Vater raf, ist hart, aber gerecht,“ sagte er, 
füge Dich ruhig umd geduldig darin, mit 
Sorgen. und Trauer änderst Du Geischehene⸗ 
doch nicht.“ 
Die liebevollen Worte gaben der zungen 
Frau Muth, für den Vater Fürsprache ein⸗ 
zulegen. 
So lange noch nicht Alles verloren ist, 
wil ich ruhig bleiben,“ erwiderte sie, „wir 
haben ja die Mittel, ihn zu retten, die 
Schande von seinem Namen abzuwaschen. 
Gib ihm das Kupital, dessen er vedarf, die 
Schule, die er jüngst durchwand:rte, wird ihn 
gebessert haben“ 
Sie hat ihn erbittert,“ naterbrach Böl⸗ 
ling sie ruhig, „sein Herz mit Unmuth und 
Troßz erfülli.g Wonn Deinem Vater geholfen 
werden soll, so ist ein großes Kapital dazu 
erforderlich, wollte ich dieses vorstreden, mũßte 
ich auf meine Güter eine Hypothel aufnehmen. 
Dadurch stürze ich mich in vine Schuldenls st 
und hade zu gewärtigen, daß ich selbst in den 
Fall komme, die Hilfe Anderer für m'ich in 
Änspruch nehmen zu müssen. Doch wollte ich 
dierüber hinwegsehen, wenn ich nur die min⸗ 
deste Garantie hätte, daß mein Darlehen 
wirklich und auf die Dauer hilft. Ich glanbe 
nicht nur das Gegentheil, ich bin sogar davon 
Aberzeugt. Dein Vater hat sich auf die ge⸗ 
waglesten Spekulationen eingelassen, und der 
Spekulaut gleicht dem Hazardspieler, Beide 
afsen nicht ab, so lange sie noch einen Pfennig 
besitzen. Dein Vater würde, so dald ihm der 
Accord mit seinen Glänbiger« gelungen wäre, 
das Gewagteste unternehmen, um das Ver⸗ 
lorene wieder einzubringen, mit einem Worte 
„va banque“ spielen, und einem solchen 
Spieler Vertrauen scheulen, wäre Thorheit. 
Dann bin ich überzengt, daß Dein Vater 
schlechten Rathgebern, Menschen, welche ihn 
eng umgarnt haben und nicht ablassen werden, 
bis seine lezte Quelle versicgt ist, sein gunzes 
Bertrauen geschenlt. Ob und wie weit sein 
rüherer Buchhalter bei jenen Spelulationen, 
vpersteht sich in Gemeinschaft mit denen, welche 
den Gewinn zogen, betheitigt gewesen ist, konnte 
ich nicht erlahren. Mau redet viel darüber 
und ich glaube, dak jenes Gerede: sich auf 
zute Grüude stützt. Dein Vater mag hierher 
lommen, er soll hier eine neue Heimath finden 
und Nichts ihn daran erinnern. daß er das 
nicht mehr isl,e was er wor dem war, wir 
wollen ihm alle Achtung und Ehrfurcht bes 
zeigen, ihm den Rest leiner Tage so angenehm 
nachen, als dies in unsern Kräften steht, 
aber Du dörtest selbst aus dem Munde seines 
alten Dieners, daß er zu stolz dazu ist.. 
„Kannst Du ihm deßhalb zürnen ? fragte 
Helene, welche sich durch die Weigerung des 
Satten verletzt fühlte, wenn sie auch im Stillen 
jeine Gründe anerkennen mußtenn,Du sagtest 
jelbit, die Schule des Schickials hude ihn 
txbittert.* 
„Ich zürne ihm micht,“ fur Bölling 
gedankenvoll in die Dämmerung hi nausschauend 
sort, „im Gegentheil, ich bedaure ihn. Er 
hat sich aber die Schuld beizumessen, und der 
Stolz, die vecachtende Geringschätzung. wit 
welcher er früher auf die hinabsah, welche 
nicht seines Gleichen waren, der Aufwand, 
den er auch dann noch machte, als die Ge⸗ 
schaftsfonds bereits in bedenklicher Weisfe an,