Full text: St. Ingberter Anzeiger

redein der Haß erstickte ihnn die Worte in der 
Kehle. Bölling ließ ihm nicht Zeit, sich zu 
sammeln, er faßte ihn am Arm, jchob ihn 
auf den Gang und schloß die Thüre zu. 
Die düstere Miene deg Commerzienraths 
hatte sich auigehellt, er bedauerte nur, daß 
Bölling es bei der Ohrfeige bewenden ließ. 
Der Gutsbesczer drang jetzt in seiuen Schwie- 
gervater, den Wunsch seiuner Kiuder zu er⸗ 
füllen, die Stadt, die ihm ja verhaßl jsein 
mußte, zu verlassen und' den Rist seiner Tage 
auf dem Gute zuzubringen. 
Ne war der Commerzienrath geneigter 
gewesen, auf diesen Vorschlag einzugehen, wie 
gerade jetzt, in dem Augenblicke,“ iuwelchern 
sein Stolz die empfi idliciste Niederlage erlitlen 
hatte. Er erklärte, den Vorshlag in nänere 
Erwägung ziehen zu⸗ wollen, ei;en festen 
Entschluß kömte er jezt noch micht sassen. 
Bolling sah ein, daß er nicht weiter in den 
olten RNaͤnn dringen du fte, zwingen linß der 
Coumer zienrath sich nie,/ und e8 war auch 
besser, wenn er s.lbit zu der Einsicht g langte, 
daß er nichts Besseres tqun konute, als jeues 
Anerbieten anzunehmen. — Uanter dem Bore 
wand, daß er noch einige Einkäufe zu besorgen 
habe, verließ er seinen Schwiegervater und 
veriprach, ihn in Laufe des Tages noch 
einmal zu besuchen, um seinen Eutschluß zu 
vernehmep. 
.„Ich veise morgen Abend zurüch,“ sagte 
er, indem er dem alten Herrn die Hand 
reichte, „Helene sieht mit Ung:duld meiner 
Rückehr entgegen und ich weiß. Leine größ re 
Freude könnte ihr bereitet werden, als wenn 
ich Dich mitbrächte 
Das Eis war gebrochen, die liebevollen 
Worte fielen auf einen fruchtbaren Boden. 
Dem Commerzienraih, der bis dahin nur 
Undaunk und Haß geerntet hatt,, schossen die 
Thränen unwillkührlich ins Auge. 
„Ich will mir's überlegen,“ erwiderte er, 
‚und gestehe offen, daß mir diese Stadt ver⸗ 
haßt ist, die ich je eher je lieber verlussen 
moöch te. 
Der Gutsbesitzer schlug, nachdem er die 
Wohnung seines Schwiegerbaters verlassen 
hatte, ohne Zöz rn den Weg zum Geschäits⸗ 
lotal des Banthauses Wober und Compagnie 
ein. Schon wollte er in das Haus eintreten, 
als er seinen Namen rufen hörte. Er sah sich 
um und erblickte einen alten Bekannten, in 
dessen Gesellsshaft er in früheren Jahren manche 
Flasche geleert hatte ) 
Grüß Gott Bölling,“ sagte dieser, indem 
er den jungen Mann die Hand reichte. „Wir 
haben uns lange nmicht gesehen; ich glaube, es 
war vor fünf Jahren in Hamburg ·“·.. 
Allerdin«as,“ fiel Bölling ihm ins Wort. 
„Damals war der Kaufherr Schmerling nach 
Commis voyagur.“ 
Ja, ja, tin Musterreiter, wie es wohl 
leinen Austig ren gab,“ fuhr Schmerling la⸗ 
chhend fort. „Ermuerst Du Dich noch der 
Fahsien und Abenteuer aus jener Zeitd — 
Doch komme, in der Nähe ist eine kühle 
Weinsedenke, ziehen wir uns dahin zurück, um 
eine Flasche anszustechen und uns in jene 
vergingenen Tage zurückzuversetz n.“ 1 
Boölling warf zöerno einen Blick nuf die 
Thüre, auf der noch immer das Messingshild 
mit ber alten wohlskannten Firma prangie, 
dann folgte er rasch dem Freunde. 
Du bast wohl Geschäfte mit dem Hause 7 
fragte Schmerling⸗ ..** 
Geschäfte “ entgegnete der Gutsbesther 
„In in sofern maun mein Auliegen an jene 
Firma tin Geschäft ninnen sann“ 
Doch nicht etwa Geldgeschäfte 9 forschie 
Schmerling. 
Nein, nein, dem Himmel sei Dank, ich 
bin nicht in demn Falle eine Anleihe machen 
zu müssen.“ 
Die Beiden waren inzwischen? in ader 
Weinschenke angelomaen.Schmerling füllti 
die Gläser und steß mit idem Freunden anl 
„Nun wir uns wiedergesunden haden, werden 
wir hoffentlich auch einander nahe bleiben.“ 
versetzte er, Jalsjs auf eine dauernde Freund 
schafn!⸗ 1 
Bölling leerte sein Glaßs und sah eint 
Weile schweigend vor sich hin. „Weßhalb 
follte ich Dir verheimlichen, was ich diüben 
in dein Baukgeschäft zu besogen habe,“ nahm 
er eudlich das Wert. „Ich weiß. Du wirfl 
mir rathen und, wenn's zötyig ist, auch dei⸗ 
stezen. Der Commerzienrath Weber, welcher 
früher jenes Geschüft besatz, ist kiein Shwie⸗ 
get vater.“ 4 
Er Dein Schwiegervater d8 fiel Schmer