Drei Vänner eilten nach dem einzigen
vorhandenen Boote und sitießen vom Ufer. Ein
zweites kam von der andern Seite zu Hülfe,
und mit bebenden Gliedern und todtbleich em
Antliß sprang Hügo Cartright hinein. Kein
Wort wurde gesprochen, his man die Unglücks⸗
stätte erreiche. Da war das umgefürzte
Boot — die glitzernden blauen Gewässer und
— Todienstille. z
Die Männer? im berften⸗Boot blickten nach
Hugo um und schüttelten traurig das Hanpt,
, Wahrscheinlich tauchte. er unter dem Boote
wieder auf und schlug mit dem Kopf an das-
selbe.“ bemerkte einer der Schiffer, „denn am
Boden bfindet sich ein häßlicher rother Fleck.
In diesem öalle ist es unütz, nach der Leicht
zu suchen ··· 5.
Nach der Leiche!!!
Hugo Cartright schauderte. War es mög⸗
lich, daß in solch kurzer Zeit solch furchtbarer
Wechsel stattfand? Vor zwei Stunden noch
ein wilder, leidenschaftlicher Maun, dessen
Fibern in zorniger Erregung bebten, dejjen
Pulse in wahnsinniger Gereizheit flogen —
und jetzt dort unten unter dem schimmernden
Bahrtuch — still und kalt und unaussprechlich
ruhig. —
Der Gedauke war entsezlich.
Hugo blickle hinauf in die endlose Bläue
mit der das Waßser in reizender, durchsichtiger
Farbung ribalisirte, alz wolle er dort oben
die Ertiärurg des -furchtbaren Ereignisseß
finden. z
„'s hilit nichts mehr, Euer, Gnaden,“
flüsterte der, Wirih, „Ihr Freund ist ver⸗
verloren.“ ge 9—
Manchmab sceheint es, als oh der alte Aber
glaube sich bestätige. als ob Satan wirklich
persöulich auf Erden erjcheine und die Gelegen⸗
heit easpäbe, jein: berhängneißoolles Retz über
eine focglose Seele zu werfen.
Wer flüsterte wohl in Hugo Cartrighis
Ohr die dunkle Versuchung FEr wurdenso
dleich und still wie die Leiche dort unten wohl
sein mochte, kreuzte die Arme, senkte das Haupt
und sprach kein Wort mehr, bis das kleine
Bost lakdele.n!
UI.
Duit ganze gute Geselljchaft der Grosschaft
kannte Miß Eveshams Cottage. Es war ein
feines reizendes Heim, ohne j dweden Anspruch
auf Pracht, aber so zierlich und hübsch wie
ein Kolibrimifs oder eine Königswiege im Bie⸗
nenstock. Anspzruchlos, gleich dessen Herrin,
kounte man es nicht Villa nennen und doch
überzeugte man sich sofort, daß es seine Exi⸗
stenz edlem Geschmacke verdanke, werth war,
eiuen, Fürsten zu beherhergen unde doch dem
voscheidensten Besuche kinen schmerzlichen Ver⸗
gleich mit den eigenen Verdhältnissen auf⸗
drängte. 22 5
Barbara Evbesham war eine alte Jungfer,
eine angenehme, noch ziemlich jugendliche Er⸗
scheinung, in deren dunklen Haaren sich nur
spärliche Silbersäden zeigten. Das freundliche
Gesicht war nicht schön, daran aber dachte
Niemaund, denn es war verklärt: von glänzen⸗
den Lachenden⸗ Angen, von treuherzigem Aus—
druck und gewinnendem Läücheln. Mit einem
Worte, Barbara Eveshau zählte zu den ser⸗
senen Wesen, deren Horizont zu allen Seiten
und in allen Lagen klar bleibt und wollenlss.
—A
halben Grafschaft, und wer immer zu ihr flüch
lete in Kummer und Leid, fühlte sich so ge⸗
wiß getröftet und erheitert, als ein erstarrtes,
erfrorenes Kind am heimathlichen Herde Wärme
findet und Licht.
Naiürlich war sie vollkommen selbstlos, denn
harte, kalte Naturen verbffiten solch beglücken⸗
den Einfluß nicht. Mit all deesen persönlichen
Vorzügen vereinte sich günzliche Unabhängigkeit
und glanzende Verhaältnisse.
Wenn ich bei der Beschreibung dieser edlen
Seele zögernd welle, geschieht es, weil ich
wünsche, daß die Leser sie lieh gewinnen möch⸗
tenz gleich mir. An das stille Leben knüpfte
sich eing Herzensgeschichte, die nur Wenige
kannten. In den goldenen Tagen der Jugend
erregte Barbara's reines Herz und reicher
Geist die Bewunderung ihres Jugendgespielen,
Mordaunt Lyle, des einzigen Erben des stol⸗
zen Namens und der weiten Domainen von
Lyle Park. Die adelige Familie achtete den
Namen Evesham und liebte das vorlreffliche
Mädchen, das berufen schien, den leichten flüch⸗
tigen Sinn des Sohnes zu zügeln. Von die⸗
ser Seite also wurde die Verlobung nur be⸗
scheunigt, der vernichtende Schlag kLam qu