AUnterhaltungsblatt
zunn
St. Ingberter Auzeiger.
Sonntag, den 14. RKu ISII.
Die Brüder.
Original-Novelle von Ewald August König.
(Fortsetzung.) n
Bölling hacie sich erhoben, er wanderte
eine geraume Weile schweigend, in seinen Ge—
danken versunken, im Zimmer auf und ab.
‚Wie heißt der Agent?“ fragte er endlich.
„Pieperling. Gib Dich indeß nicht der
Hoffnung hin, ihn zu überlisten, er ist ein
ganz schlauer Bursche.“
„Ich werde es wenigstens versuchen. Wann
tufft man ihn zu Hause.“
Schmerling sah auf die Uhr. „Wenn Du
jetzt hingehst, triffft Du ihn siche. ··
Der Gutsbesitzer nahm seinen Hut und
reichte dem Freunde die Hand. „Worgen
Mittag um diese Stunde erwarte ich Dich
hier, ich hoffe Dir einen günstigen Erfolg
meiner Schritte berichten zu können.“
Schmerling schüttelte zweifelnd das Haupt
und sah dem Davoneilenden nach, bis dieser
an der nächsten Ecke seinem Blicke entschwand.
Bald hatte Bölliung die Wohnung des
Agenten erreicht, ohne Zögein trat er in das
Comptoir. Sein erster Blick fiel auf einen
ältlichen Herrn, der, emsig beschäftigt, am
Pulte saß. Schon die äußere Erscheinung
dieses Menschen stieß ihn zurück. Das wider⸗
liche Fuchsgesicht mit der kahlen Glatze, die
stechenden Augen, die unter grauen, buschigen
Brauen tückisch hervorblitzten, die aufgeworfene
Stumpfnase und die hervorstehende Unterlippe
machten auf ihn einen Eindruck, den das
süßliche Lächeln, welches diese Züge nur
karrikirte, nicht heben konnte. — Dem ersten
Impulse folgend, wollte er barsch auftreten,
doch entsann er sich noch zur rechten Zeit der
Warnung Schmerlings. Er gab vor, ein Gr—
treidegeschäft abschließen zu wollen, und der
Agent, dessen Eigenliebe es schmeichelte, als
Bölling hinzufügte, Pi⸗perling sei ihm warm
empfohlen worden, stellte seine Dienste zur
Verfügung.
„Verstehen Sie mich recht, ich bin nur
Vermittler,“ fuhr der Gutsbesitzer fort, „wein
Prinzipal, ein durchaus beschränkter Mensch,
will unter jeder Bedingung speculiren, weil
er glaubt, auf diesem Wege ein reicher Mann
werden zu können.“
„Ich verstehe, ich verstehe,“ schmunzelte
der Agent. „Je nun, wenn man die Con⸗
juncturen zu benutzen weiß, so ist immerhin
noch etwas dabei zu gewinnen. Wie hoch be—
läuft sich das Limit?“
„Auf dreißigtausend Malter Weizen.“
Der Agent ließ die Unterlippe haͤngen,
sein Blick ruhle hier auf dem Autliztz des
jungen Mannes. „Dreißigtausend ?“ erwiderte
er endlich.
„„Sie werden, sobald ich Ihnen den Na⸗
men meines Prinzipals nenre, keinen Zweifel
in seine Zahlungsfähigkeit setzen,“ fuhr Bölling
fort, „kommen wir aber vorerst zur Hauptsache.
Ich kann den“ Auftrag jedem Agenten über⸗
geben, denii mein Prinzipal läßt mir darin
freie Hand.“ Sie werden nun begreifen, daß
ich mich an den wende, welcher —“
„Ihnen eine entsprechende Gratffication
einräumt ?“ fragte Pieperling. „Ich werde
mich dazu gerne bereit finden,““