Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Wann ?“. fuhr- er gedehnt fort. „Sagie 
ich nicht heute?“ 
pFreilich heute, aber wann ? Heute Morgen, 
Mittag oder Abend?“ 
Der Baron scheint Dich sehr zu interes⸗ 
siren,“ entgegnete Hugo rauh, den lauernden 
Blick fest auf das Antlitz des Mädchens ge⸗ 
richtet.“ „Kennst Du ihn —— 
Barbara faßte sich. Die barsche Frage, 
der auflodernde Jähzorn des Verlobten ver⸗ 
letzten sie in diesem Augenblick mehr denn je 
uvor.“„Ich kenne ihn nicht, ärgert's Dich, 
venn ich so großen Antheil an Dir nehme?“ 
Es befremdet mich,“ versetzte der Forster 
gelassen. Wenn es denn Dich so sehr interessirt, 
den Gang der Sache auf das Genaueste zu 
enfahren, so vernimm, daß der Baron von 
Westen, nachdem er schon gestern Abend mich 
zefragt hatte, ob ich geneigt sei, meinen 
digherigen Dienst zu verlafsen, mich heute 
Nachmittag nach der Tafel, es mochte etwa 
fünf Minuten nach drei sein, zu sich beschei⸗ 
den ließ.“ 
„Wie kam's, daß Du Dich zu jener 
Zeit im Gasthof befandest?“ forschte Barbara— 
„Ich begleitete den Freiherrn von Moͤll⸗ 
hausen. Die Herren hatten heute Morgen ein 
nblutiges Duell im Kastanienwäldchen, früh⸗ 
fückten darauf in unserer Burg und gingen 
gegen Mittag allefammt in die Stadt zurück, 
im Gasihof zur Siadt Paris zu speisen.“ 
„Das Duell war unblutig ?“ Wie verstehe 
ich das,“ fragte die Putter. 
Als die beiden Hitzköpfe. sich die Sache 
veschlafen hatten, und die tühle Morgenluft 
hnen um die Nasen wehte, sahen sie ihre 
Thorheiten ein, sie versöhnten sich. — Jetzt 
cber laßt mich einmal zu Wort lommen. Der 
VBaron von Wesien fragte mich, ob ich in seine 
Dienste treten wolle, er hube mit weinem 
derrn bereits gesprochen, und diesem sei es 
änerlei, ob ich heute oder Morgen austrete, 
Der undankdare Filz kann lange fuchen, ehe 
——— red⸗ 
lich den Obliegenheiten seines Amtes —XC 
wie ich dies gethan habe. Er wird seine 
Erfahnmgen machen —und es geschieht ihm 
echt. Ich fagte natürlich zu,“ unter der Be⸗ 
ingung, daß ich mich durch diesen Tausch 
erbessere. „Darauf nahm der Baron mich in 
Dienst.“ 
„Und hast Du Dich wirklich durch den 
Tausch verbessert ?“ sragte die Mutter. 
Allerdings. Ich erhalle hundert Thalber 
dohn mehr; wie früher, werde im nächsten 
Frühlahr, sobald der Baron das Gut gekauft 
ind bezogen hat, Oberförster, und meiner 
Zeirath sieht dann nichts mehr im Wege.“ 
„Ich gratulire,“ sagte die Mutter, indem 
ie dem Sohne die Hand reichte, „Du hast 
ange genug auf dieses Glück gewartet.“ 
Barbara schwieg, sie saß, das Köpfchen 
über die Stickerei geteugt, ruhig arbeitend am 
Fenster. J 
„Du gratulirst nicht?“ fragte Hugo, indem 
er sich der Verlobten näherte. 
„Du weißt, daß ich Dir daßselbe wünsche/ 
vas ich mir wünschen mag,“ erwiderte 
Barbara aufschauend, „was bedarf es da der 
Worte ? 
„Mir scheint, Du bist heute wieder bei 
wusnehmend guter Laum,“ versetzte der Förster 
nürrisch, „nach der Hochzeit werde ich solche 
Launen nicht mehr dulden.“ 
(Fortsetzung folgt / 
Mannigfaltiges. 
Die „A. A. Z.“ enthält folgendes Inserat: 
Reminiscenz. Die „Negensburger Chronik“ 
erzählt von einem Turnier 929 unter Heinrich J., 
nif dem ein gewaltiger Riese Deutschland Hohn 
zesprochen und dessen Ritter Deutschland zum 
stampf gerufen. 
Da hat der Kaiser gernfen zorniglich: 
„Wie steht mein Hof so lästerlich 
hab' ich keinen Maun der stechen kann 
im Leib und Seel', um Gott und Ehr'! 
And daß unserm Herrn die Stele wär' 2!“ 
Da spraug der Dollinger hersür: 
Wodhl um! wohl um! Ich muß herfür! 
An den leidigen Mann der so frevlich reden kann. 
Und ab der Dollinger den Riesen stach 
Daß er auf seinem Rücken lag. 
Gott allein die Ehr! 
Fin Senior des Eisernen Kreuzes in Ostpreußen. 
—VTWDE — 
Druck in⸗ Verlag vou . X. De are ß, in St. Ingbert. FL