dem sie mit der aussteigenden Morgenrölhe zu
einem neuen schöneren Leben erwachen werde.
Wohl war es ein Traun, wohl folgte ihm
ein Erwachen! Ais der Förster am nächsten
Tage von seiner Braut Abschied nahm, ahute
er dicht, daß das Band zwischen ihm und
Barbara dereits zerrissen war, sein taltes,
abstoßendes Benehmen machte den Bruch un
Jeubar. In dem Augenblick, in welchem er
sriner Braut Vebewohl sagte, um eine Reise
aüber das Meer anzutreten, von der er vielleicht
nie wieder zurückkehrte, warf er ihr in rauhen
barschen Worten den Verdacht vor, den sie
am Tage vorher gegenüber seiner Mutter
ausgesprochen hatte. Er drohte, ihr den Ver—
obungring vor die Füße werfen zu wollen,
wenn sie noch einmal einen solchen Verdacht
auszusprechen wage. Selbst wenn er den Brief
jiues Bruders unterschlagen hätte, komme es
ihr doch nicht zu, darüber nur ein Wort der
Mihbisligung fallen zuzlassen.
Barbara suchte ihn zu beschwichtigen, nur
um den Ausbruch seines Jähzorns zu ver⸗
hüten, aber dieser Augendlick befestigte sie auch
ihrem Entlchluß, und als der Baron am
Abend kam, stellte sie ihr Geschick vertrauens
voll ihm anheim.
Achtes Kapitel.
Va banque.
Helene erwartete die Rückkehr ihres Gatten
bergebens. Er hatte versprochen, am fünften
Tage nach seiner Abreise wieder einzutreffen,
aud nun kam er doch nicht. Aber statt seiner
hrachte der Kutscher einen Brief aus der
Stadt mit, den ihm ein Eisenbahnschaffner
übergeben hatte. Bölling schrieb darin, der
Commerzieurath habe sich entschlosen, den
Wünschen seiner Kinder nachzugeben, dies sei
die Ursache, daß die Rückkohr einen Tag spaͤter
erfolgen werde. Ob der Baron ebenfalls mit⸗
ommen, oder noch einige Tage in der Stadt
Ferweilen werde, wisse er nicht, er habe sich
in den letzten Tagen nicht mehr um ihn be—
zümmert. „Du haͤttest Recht, er ist ein Dämon,
ein Teufel in Menschengestalt,“ schrieb Bölling
am Schlusse des Briefes, „aber wir müssen
uns jetzt geduldig in das Zusammenleben mit
hmefügen, ich hoffe, er wird meine Gast⸗
freundschaft nicht länger in Anspruch nehmen,
ils er dies unbedingt muß. Von dem Ankauf
des Gutes ist jetzt keine Rede mehr, vielleicht,
ind ich wünsche von Herzen, daßk dem so
sein möge, hat er vor, sich in der Stadt an—⸗
zukaufen.“
Helene war bestürzt. Was wollte ihr Gatte
mit di sen Worten sogen? Hatte er den Baron
durchschaut und die bisher nur noch dunkle
Ahnung Helenen's bestätigt gesurnden? Irgend
twas mußte zwischen den beiden vorg fallen
ein, denn Bölling, der früher von dem Lobe
»es feinen Weltmanns und liebenswürdigen
Besellschafters übersprudelte, wünschte jetzt selbst
icht mehr in nähere Verührung mit ihm zu
ommen. Warum hatte er nicht gleich in
anem Bricfe jenen Vorfall erzählt ? Warum
sielt er damit hinter denm Berge? — Helene
vpußte auf alle diese Fragen keine Antwort zu
inden, mit banger Unruhe sah sie der Rück—
uunft ihres Gatten entgegen. Aber zw schen
letzt und jrnem Augenblick lag noch eine lange
Nacht und ein ganzer Tag. Bis dahin warten
zu sollen, düuchte dem beklemmenen, geängsteten
Herzen der jungen Frau eine Ewigkeit. Da
entsann sie sich, daß der Diener des Barons
urückgeblieben war, vielleicht gelang es ihr,
zurch diesen über die Vergangenheit jenes
Mannes etwas Näheres zu erfragen. Diener
ind stets die Spione und Verräther ihrer
Zerren, wenigstens in den meisten Fällen.
dierauf bauend, ließ Helene den alten Steffens
zu fich bescheiden. Sie sprach ohne Rückhalt
nit dem alten treuen Diener ihres Vaters,
hm, das wußte sie, durfte fie vertrauen, seines
Beistandes konnte sie gewiß sein.
Der Mann schüttelte bedenklich das kahle
daupt und meinte, auch ihm seien Bedenklich⸗
ichkeiten aufgestoßen, als er dem Baron zum
ersten Male in's Gesicht geblickt habe, er wolle
richt sagen, daß jener ein Schurke sei, aber
jesehen habe er dieses Gesicht schon einmal,
iur wisse er nicht, wo und wann. In dem
Benehmen des Barons sei ihm nichts aufge—
allen, dagegen habe der Diener desselben
einen Argwohn erregt. Daß dieser ein durch⸗
riebener Hallunke sei, darauf wolle er seinen
Zopf zum Pfande setzen, und wie der Knecht
so der Herr!