Der Baron zuckte geringschätzeuddie Achseln.
„Wenn Ihnen der Verlust so große Sorge
macht, hätten Sie das früher bedenken sollen,“
versetzte er, „Sie werden mir das Zeugniß
geben müssen, daß ich Sie nicht zum Spiel
aufgemuntert habe.“
Ein Lächeln bittern Hohnes glitt über die
Züge des Gutsbesitzers. „Gewiß nicht,“ ent⸗
gegnete er, „nachdem Sie mich in die Falle
gelockt haben, riefen Sie mir zu, ich solle
mich befreien, wenn ich den Muth und die
Kraft dazu besäße; Sie wußten sehr wohl,
daß mir dies unmöglich war.“
„Ich finde diesen Vorwurf albern,“ ent⸗
gegnete der Baron kalt, „er beweist mir, daß
Sie kein Edelmann, nur ein bürgerlicher
Gutsbesitzer sind. Doch kommen wir zur Sache
Sie fragen mich, wann ich die Summe zü
erhalten wünschte? Nun wodl, spielen wir so
lange bis Sie das Geld von mir zurückge—
wonnen haben.“
„Oder bis ich, vollständig ruinirt, ein
Bettler bin!“ fuhr Bölling wild auf. „Aber
sei es darum — quitte ou double!“
In der Seele des Gutsbesitzers hattte der
Vorschlag des Barons die schlum mernden Lei-
denschaften wieder geweckt, er dachte nicht mehr
an seine guten Vorfätze.
Der Baron nahm aus seiner Reisetasche
ein Kästchen und öffnete es. „Hier siund Kar⸗
ten,“ sagte er, „spielen wir König Salomo.“
Bölling setzte sich. „Ich kenne das Spiel
nicht,“ erwiderte er.
Ich gebe Ihnen die sechs ersten Karten,
mir die sechs folgenden, die dreizehnte ist
Trumpf. Trumpfkönig ist die höchste Karte,
nach Ihr rangiren die übrigen drei Koönige,
dann folgt die Farbe des Trumpfs von Aß
bis zur Sieben. Die übrigen Karten rangiren,
wie in jedem andern Spiel. Wer vier Stiche
macht, hat das Spiel gewonnnen, bei dreien
schwebt die Partie. — Er hatte, während
er diese Worte sprach, die Karten gemischt
und dem Pariner sechs Blätter hingeworfen.
„Wie hoch spielen wir?“ fragte er.
Bölling nahm die Karten auf, ein Lächeln
erheiterte seine Züge. „Fünftausend Thaler
jede Partie,“ entgegnete er.
Der Baron nickte. „Noch Eins. Wir wer—
den voraussichtlich bis Mitternacht hier sitzen,
und uns wenig um Auszahlen und Einkassiren
kümmern. Damit keiner zu kurz komme, geben
win uns gegenseitig einen Revers, daß jeder
die Forderung, welche der Andere am Schlusse
des Spiels gegen ihn haben könnte, stili⸗
schweigend anerkennt. Ist das Spiel beendet,
so schreibt derjenige, welcher verloren hat, die
betreffende Summe unter den Revers und
händigt diesen seinem Gläubiger ein.
Ohne Widerrede griff Böͤlling zur Feder,
in der nächsten Minute waren die beiden
Scheine geschrieben.
Bölling gewann die drei ersten Partieen,
schon triumphirte er im Stillen. Verdoppeln
wir den Einsatz,“ wandte er sich zu dem
Baron, der eine unerschütterliche Ruhe be—
wahrte.
Der Varon nickte. „Zehntausend also,“
sagte er gelassen.
Jetzt wandte sich das Blatt, Bolling ver⸗
lor. Das heitere Lächeln verschwand von seinen
Lippen, erdfahle Blässe überzog seine Wangen,
sein Blick war stier, und in heilen Tropfen
berlte der kalte Schweiß auf seiner Stirne.
Der Baron dagegen blieb ruhig, fast gleich—
giltig, nur manchmal, wenn sein Blickauf die
bebenden Hände und das verzerrte Antlitz
jeines Partners fiel, blitzte ein teuflischer
Triumpf in seinen Augen auf. „Sie sind zu
leidenschaftlich sagte er nach einer Weile, lassen
wir die Karten ruhen bis morgen“
„Revanche ?“ war die einzige Antwort,
welche er auf diese Bemerkung erhielt.
„Beherzigen Sie meinen Rath,“ fuhr er,
ohne sich durch diese Antwort abschrecken zu
laffen, fort, das „Glück ist Ihnen untreu ge⸗
worden, Sie verlieren Haus und Hof,
wenn Sie —“
„Kümmert Sie das?“ fiel Bölling ihm
barsch ins Wort. Ich kann über mein Ver—
mögen verfügen, wie ich will, eines Vormundes
bedarf ich nicht. —
Der Baron zuckte die Achseln und mischte
die Karten. —
GFortsetzung folgt.)
Druch an⸗ Verlag von F. X. Denez in St. Ingbert.