werde ich wohl nachgeben müssen. Erinnern
Sie sich unseres Gesprächs während unserer
ersten Reise? Sie behaupteten, stark genug zu
sein, um gegen die entfesselte Leidenschaft mit
Erfolg antämpfen zu können, ich wollte Ihnen
nur zeigen, daß Sie Ihrer Willenskraft zu
viel zutrauen. Glauben Sie, daß ich nur
deßhalb mit Ihnen gespielt habe, um Sie
Ihres Vermögens zu berauben? In jener
stacht waren Sie zu aufgeregt. Sie spielten
unbesonnen und mit den besten Karten in der
Hand, weil sie einem ruhigen, kaltblütigen
Spieler gegenüber saßen. Der Gedanke, dies
zu meinen Gunsten auszubeuten, lag mir
fern, ich wollte Ihnen nur beweisen, wie sehr
man ein Opfer seiner Leidenschaft werden
kann! — Reisen Sie, Bölling, Ihr Schuld⸗
schein ist in den Händen Ihrer Gemahlin.“
Der Uebergang von der Verzweiflung zum
Blück war zu plötzlich, Bölling fühlte, daß
die Kniee unter ihm schwankten. Er drückte
dem jungen Manne stumm die Hand und ging
hinaus.
Der Commerzienrath war in hohem Grade
überrascht. Er bat um Aufklärung, aber Georg
lehnte die Erfüllung dieses Wunsches ab,—er
wollte es dem Gutsbesitzer überlassen, die
Neugierde des alten Mannes zu befriedigen.
Er rückte zwei Sessel an den Tifch und
hat den Commerzienrath, Platz zu nehmen.
Georg nahm plötzlich die Kerze, hielt sie
iahe an sein Gesicht und heftete“den Blick
jest und ruhig auf den alten Herrn.
„Kennan Sie mich?“ fragte er. „Blättern
Sie einmal in dem Buche Ihrer Erinnerun⸗
zen, vielleicht finden Sie das Blatt, welches
Ihnen diese Züge zeigt.“
Der Bankier schüttelte den Kopf. Ich will
uicht leugnen, daß Ihre Züge mir bekannt
cheinen, aber —“
„Erinnern Sie sich Ihres früheren
dassirers Georg Kraus?“ siel Georg ihm
ns Wort.
Der Commerzienrath sprang von seinem
Sessel auf. „etzt allerdings kenne ich Sie
vieder. Wie konnten Sie wagen, diese Stadt
bieder zu betreten, sich in meine Familie ein⸗
udrängen ?“
„Ich wußte es wohl, jede gute That ist
verthlos, sobald sie von einem Verbrecher
iusgeht,“ versetzte Georg bitter. „Bleiben Sie
ruhig sitzen, ich werde Ihnen kein Leid au—
hun. Hören Sie mich an und dann richten
Sie. Ich beging die Thorheit, un die Hand
Ihrer Tochter zu werben, Sie entließen mich
ind drohten mir, mich vor die Thüre werfen
u lassen, wenn ich je Ihre Schwelle zu
iberschreiten wage. Das war in der Ordnung,
Niemand konnte Ihnen wegen dieser Hand⸗
ungsweise einen Vorwurf machen. Ich hatte
nich einer Falschung schuldig gemacht, das
jeißt, ich hatte aus Ihrer Kassa hundert
Thaler genommen und das Kassabuch gefälscht,
imn das Deficit so lange zu verdecken, bis ich
ie Mittel besaß, die Summe zu ersetzen. Sie
vissen, was mich bewog, das Verbrechen zu
„egehen. Das Gericht würde mildernde Um⸗
ände angenommen und mich zu einer Ge⸗
angnißstrafe von höchstens drei bis vier Mo⸗
iaten verurtheilt haben. Sie wußten dies und
rafen Ihre Maßregein. Auf Ihren Befehl
alschte Ihr Kassirer die Bücher, und diese
Faälschungen wurden mir zugeschoben. Ich
eugnete, der Beweis war gegen mich.“
Der Commerzienrath schlug die Augen
nieder, er vermochte den Blick des jungen
Mannes nicht zu ertragen.
(Fortsetzung folgt.)
Druck und Verlag don F. X. Deneztz in St. Ingbert.
Dreizehntes Kapitl..
Weitere Enthüllungen. ⸗
Eine geraume Zeit sah Georg schweigend
bor sich hin. Noch konnte er das Geständniß,
welches ihm auf den Lippen schwebte, zurück—
zrängen. Niemand zwang ihn, es auszuspre⸗
hen, Niemand hinderte ihn, fofort die Stadt
zu verlassen und nach Amerika zurückzukehren,
wo das Gesetz ihn gegen den Arm der euro⸗
päischen Polizei schüßte. — Aber wag hatte
r dadurch gewonnen? Der Makel blieb auf
seiner Ehre haften, er blieb der entflohene
Zuchthäusler.
Dem Commerzienrath entging es nicht,
daß der junge Mann mit einem Entschlusse
kämpfte, er wartete geduldig auf die Anrede.