Full text: St. Ingberter Anzeiger

hier im Sessel — todt. O ich kann den 
Traum nicht vergessen, denn ich hatte nie im 
Leben ein solch llares Gesicht und glaubte fest, 
VXCCC 
Mylord und Mylady aus jener unbekaunten 
Welt gelommen wären, mir im Schlafe zuzu⸗ 
flüssern, was Geister dem sterblichen Fleische 
nicht sagen lönnen ?* 
Sie sprang auf und schritt mit verschränkten 
Armen auf und ab. 
„Weh mir, daß ich allein um das selige 
Geheimniß wissen muß. Der Pastor sagt, der 
rechte Weg sei stets dlar und leicht zu erkennen, 
mir kommt es nicht so vor. Und wenn mein 
Traum sicz erfüllte, was sollie aus Mittikens 
werden. Wer wüßte, daß alles Geld beim 
Banquier sein eigen ist, daß ich es nur für 
sein Wohl verbrauchen darf? Und wenn ex 
endlich einginge ins ewige Heim, wer wüßte, 
wo die armen Gebeine zu ruhen haben ? O 
mein Gott, mein Gott! wenn ich nur über 
all das sprechen dürfte und um Rath fragen.“ 
Am Befen ist's woble fube sie nach 
einigem Nachdenken fort, „wenn ich noch heute 
in die Stadt fahre und mein Testament mache. 
Ich werde Häuschen, Gärichen und Laden der 
Person vermachen, die mich zuerst todt findet, 
das Vermächtniß aber an treue Sorgfalt für 
Mittilens knüpfen. Und mein Geheimniß werde 
ich aufschreißen und es sammt einer Schen⸗ 
lungsurkunde meines Jahrgehaltes versiegelt 
dem Gerichte überg ben, damit es der Person 
ausgeliefert werde, die sich als Erbe oder Er⸗ 
bin legitimirt. Mehr kann ich nicht thun und 
damit will ich dem Herrn vertrauen, daß er 
die rechte Person zur rechten Zeit scheint. Ja, 
so wird's am besten sein. Dorothea mag aus 
Mittikens achten und der Farmer mich in die 
Stadt fahren, damit ich noch heute Alles be ⸗ 
sorger.... 
Kaum eine Stunde später war Dorothea, 
in rothbackiges Bau⸗ernmädchen, aus Leibes⸗ 
räften damit beschäftigt, für Mittilens gli 
ternde Seifenblasen zu machen, und die Ma— 
krone fuhr in des Nachbars offenem Wägelchen 
nach Breeon. 
Auf der pitloreßsßken Promenade am Ufer 
des Usk rollien mehrere Equipagen langsam 
— sw 
dahin, auf daß deren Besiter den reizenden 
Anblick der Gebirgslandschaff und die reine 
Luft genießen möchten. Gleichgültig überflogen 
Madame Me. Neals Blicke die glänzenden 
Tarrossen, auf einmal aber fuhr sie zusammen 
und beugte sich mit funkelnden Augen wei 
por. Nanny Mec. Neal achtete nicht darauf, 
daß die Equipage prachtvoller war, als Brecon 
je eine gesehen, daß die Pferde edelster Race, 
daß die Livrée Sammt und Gold zeigte — 
nein, ste sah nur das Antlitz der Dame, die 
in dem luxuriösen Wagen hoch und stolz und 
schön wie eine Fürstin saß. Von einfachem 
draunem Gewandte aber zeigte sich keine Spur; 
rin reiches Seidenkleid, ein feines Hütchen mit 
weißen Federn, ein kostbar er indischer Shawl 
vollendete die elegante Toilette. 
Dennoch befahl Nanny Me. Neal ihrem 
sutscher, zu halten. 
AIch muß mit jener Dame sprechen,“ sagte 
sie, „sie mag mich für verrückt halten, aber 
ich muß sie sprechen.“ 
Gortsetzung folgt. 
MMannigfaltiges. 
Die „Kreuzztg.“ schreibt: Mißverständnisse 
ergeben sich sehr häufig in Frankreich unter 
den deutschen Kriegern, die nicht genau mit der 
französischen Sprache vertraut sind. Ein Bei— 
jpiel: GEinem Ojffizier sollen Blutegel gesetzt 
werden; der Art geht in die Apotheke, um fie 
zu requiriren, weiß aber nicht, wie „Blutegei“ 
heitßtt. „Monsieur““, sagt er zum Apotheker, 
m'avez-vous pas des — des — je ne sais 
pss comment dire -- des petites bôtes noi- 
res, qui tirent le sang ꝰ““ Ah Monsieur,“ 
jagt nach einigem Besinnen döchst erstaunt der 
Apotheker, — „vous demaudez des puces ?t 
Flöhe.) Die Geschichte wurde ruch ar und 
der arme Doktor wider seinen Wislen berühmt. 
Daß ein Saarbrücker, der während der lchten 
Pariser Ausstellung von Leibschneiden heimge⸗ 
sucht war, in eine Apotheke ging und (poivre- 
monnaie-gan-de. vio ses soll heißen Pfeffer⸗ 
arünzbrannteAn) verlangte, ist auch als ein 
solches Mißzverständniß anzusehen. 
Druck and Berlag von J. X. Demnet in St. Ingternt.