Full text: St. Ingberter Anzeiger

eine Erfrischung, oder ein Nachtessen wünsche, 
er verneinte es.“ 
Und der Freiherr von Braß, der mit 
ihm gekommen war? ‚Blieb ebenfalls in 
seinem Zimmer. Er aß vorher im Speisesaale 
zu Nacht und ließ eine Flasche Wein auf sein 
Zimmer bringen.“ 
Friedrich glaubte vermuthen zu dürfen, 
daß die beiden Herren eines Duells wegen 
hierher gekommen seien, nahm der Wirth das 
Wort. Thatsache ist es, daß der Freiherr 
heute Morgen vor fünf Uhr das Hotel 
berließ, und erst vor einer Stunde zurückge⸗ 
kehrt ijst. 
Der Richter warf dem Bürgermeister einen 
bedeutsamen Blick znu. In welchem Zimmer 
logirt der Freiherr? fragte er noch einer kur⸗ 
zen Paufe. 
Nebenan in Nummer Sechszehn,“ 
Führt diese Thür in jenes Zimmer? 
„Ja.“ 
Der Richter erhob sich und versuchte die 
Thür zu öffnen, sie war verschlossen, eine 
nähere Untersuchung ergab, daß auch an die⸗ 
ser Thür der Rachtriegel vorgeschoben war. 
Hat der Freiherr von Braß sich nach seiner 
Rückkehr in den Gasthof nicht nach dem 
Baron erlundigt? „So viel ich weiß, nein.“ 
erwiderte der Kellner. 
Aber Sie vermuthen ja, daß die beiden 
Herren sich duelliren wollten ? In diesem Falle 
würde doch der Freiherr nachgeforscht haben, 
weshalb sein Gegner auf dem Dprellplatze ge⸗ 
fehlt habe. Zeigen Sie mir den Dolch, mit 
welchem der Stoß egeführt worden ist. Es 
war ein kleines, zierlich gearbeitetes Stilet 
mit gelfenbeinernem Griff, welches der Arzt 
dem Richter überreichte, eine silberne Platte 
auf dem Griff trug den Namenszug des 
Barons. 
Der Richter schüttelte den Kopf. Unter⸗ 
suchen Sie die Fenster, wandte er sich zu dem 
Wirth. Es wäre ja möglich, daß der Mörder 
seinen Weg durch — „Die Fenster sind sogar 
vorsichtig geschlossen,.“ unterbrach der Gast⸗ 
wirth ihn. 
Außzer diesen beiden Thüren gibt es ke inen 
Eingang zu diesem Zimmer ? ‚Nein.“ 
Ich begreife- wirklich nicht, Herr Richter, 
veshalb Sie alle diese Fragen stellen? fragte 
der Arzt. Sie dürfen sich darauf verlassen, 
daß der Baron selbst sich das Leben genom⸗ 
men hat; die Beweise, welche dafür vorliegen 
stellen die Thaisache zur Evidenz fest, wenn 
nuch die Gründe, welche den Baron zu diesem 
Schritt bewogen haben, uns unbekannt, ja 
räthselhaft find. Dagegen stützt Ihr Versacht 
äch nur auf Vermuthung, für deren Richtigkeit 
»der Wahrscheinlichkeit jeder Beweis fehlt. 
„Dennsch kann ich noch immer nicht Ihrer 
Ansicht beipflichten“ erwiderte der Richter 
ruhig; „und selbst wenn meine Ansicht mit 
der Ihrigen vollständig übereinstimmte, müßte 
ich doch die mir obliegende Pflicht erfüllen. 
Herr Bürgermeister, haben Sie die Güte, das 
Gepäck und die Kleider des Todten zu durch⸗ 
juchen, ich wünsche einen Blick in das Porte⸗ 
jeuille des Barons zu werfen. Bielleicht fin⸗ 
den wir in demselben über das Duell nähere 
Aufschlüsse.“ 
Fortsetzung folgt.) 
— — — — — — —J 
Mannigfaltiges. 
Ein Fremder fragte am Einzugstage einen 
Berliner, was denn die vielen Bären auf 
den Triumphsäulen am Brandenburger Thor 
zu bedeuten hätten. Der Berliner antwortete: 
Das sind die Bären, die der Magistrat 
angebunden hat und welche die St eu e r⸗ 
zahler loslösen müssen. 
Ein Börsenbesucher fragte dieser Tage einen 
uindern, wer denn wohl am Meisten von dem 
schlechten Wetter des verflossenen Frühjahrs 
hetroffen worden sei. Die Antwort lautete: 
„Der Kaiser, denn dieser ist der Schi r m⸗ 
herr Deutschlands. 
Während des Kampfes in Paris fiel 
den Insurgenten ein Commandant des 26. 
Bataillons Jäger zu Fuß, Herr v. Segoyer, 
in die Hände, den dieselben nach dem Ba⸗ 
rillenplatz schleppten, mit Petroleum bestrichen 
und dann lebendig verbrannten. 
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Druch und Verlag von F. X. Deietz in St. Ingbert.