AUnterhaltungsblatt
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St. Ingberter Anzeiger.
Sonntag, den
25.
F
—
Ein dunkles Geheimniß.
Novelle von
Ewald August König .
(Fortsetzung.)
Der Bürgermeister hatte das —X
dald gefunden. Es enthielt einige Briefe— einige
Visitenkarten und zwei Banknoten im Ge⸗
sammtbetrage von hundert Thalern, ein Blatt
des Notizbuches trug die kurze Bemerkung:
„Am 4. September Morgens fünf ein halb
Uhr in D. Rencontre mit F. v. B.“
Daraus erjscheint mir hervorzugehen, daß
die beiden Herren wirklich gekommen waren,
um eine Ehrensage auszufechten, sagte der
Richter; um so auffallender ist es, daß der
Barton von Reden sich durch einen Selbstmord
dem Duell entzogen haben soll. Auch pflegt
ein Selbstmörder in der Regel vor seinem
Tode die Gründe seines Vorsatzes niederzu⸗
schreiben und von seinen Verwandten schrift⸗
lich Abschied zu nehmen, und unter hundert
derartigen Fällen findet man neunundneunzig
Mal den Brief neben der Leiche, etwas Thea⸗
tralisches ist mit dem Selbstmorde fast immer
verknüpft. Hier aber — „Der Herr Baron
mag seine Gründe gehabt haben, die Ursache
seines Todes geheim zu halten und dieses
Geheimniß in's Grab mitzunehmen,“ unterbrach
der Arzt ihn. „Thatsache ist es, daß ihrer
tein Criminalverbrechen vorliegt.
Der Richter schüttelle zweifelnd sein er—
grautes Haupt, es schien fast, als ob er hart
näckig darauf versessen sei, trotz allen vorliegen—
den und gewiß überzeugenden Beweisen seiner
Ansicht Geltung zu verschaffen. Friedrich, bit⸗
en Sie ˖den Freiherrn von Braß, sich hierher
u bemühen, wandte er sich zu dem Ober⸗
ellner, wir müssen Alles versuchen, dieses
dunkele Räthsel zu lösen. Jung, reich, Bräu ·
igam einer schönen, liebenswürdigen und
wbenfalls reichen Dame — was könnte ihn
hewogen haben, freiwillig einem Leben voll
Sonnenschein zu entsagen. „Der Fall, daß
ein junger, reicher, glücklicher Mann frei⸗
villig dem Leben entsagt hat, steht nicht ver—
inzelt,“ war die trockene Antwort des Arztes:
Uebersättigung.“
Ah, lieber Doetor, ich traue der Comtesse
Jon Strahlen mehr Geist und Charakter zu,
als daß ich glauben kann, sie werde einem
virklich übersättigten Wüstling ihr Herz und
hre Hand schenken, fuhr der Mann des Ge⸗
etzes fort. „Eleonore von Strahlen ist eine
ehr gebildete, feinfühlende und edeldenkende
Dame, liebenswürdig mit Jedem, auch dem
Heringsten ihrer Pächtet: außordem beobachtet
ie sehr scharf, ihr würde es nicht entgangen
jein, daß der Baron von Reden ——
Darin pflichte ich Ihnen vollkommen bei,
jagte der Bürgermeister im Tone herzlicher
Waͤrme. Unsere Comtesse weiß die Spreu von
dem Weizen zu sondern, trotzdem sie kaum
bierundzwanzig Frühlinge gesehen hat. Der
Arzt zucktte die Achseln und nahm seinen
hut. „Meine Augenblicke sind gezählt. meine
Herren, follten Sie in dieser Angelegenheit
—
wissen zu lassen.“
Ich möchte wissen, was der Herr Kreis⸗