Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu diesem Vorhaben bewegen, kann ich doch 
nicht unterlassen, Sie darauf aufmerksam zu 
machen, daß Ihre Familiengruft nicht der 
geeignete Ort zur Ruhestätle eines Selbstmör⸗ 
ders sein dürfte; ich hege die Ueber⸗ 
zeugung —“ 
Daß die Comtesse Eleonore v. Strahlen 
sich in der Ausführung ihres Entschlusses we⸗ 
der durch die Ansichten eines Einzelnen, noch 
durch das Urtheil der öffentlichen Meinung 
heirren lassen wird, unterbrach Eleonore ihn 
mit gemessenem Ernst. Wenn Sie diese Ueber⸗ 
zeugung degen, so werden Sie sich in dersel⸗ 
den getäuscht finden. Gehen Sie, Herr Baron, 
und theilen Sie dem Bürgermeister meinen 
Entschluß mit, ich werde die Ausführung des⸗ 
selben schon heute Abend beginnen. Wollen 
Sie mich nach drei Tagen wieder mit Ihrem 
Besuch beehren, so sollen Sie mir willkommen 
sein. Der Freiherr verbeugte sich schweigend 
und verließ das Zimmer. 
Hier kann kein Verbrechen vorliegen, mur⸗ 
melte Eleonore, als sie sich allein befand, 
und doch ist es mir unmöglich zu glauben, 
vaßß Theodor am Vorabend einer schönen, 
Rücklichen Zukunft sich mit eigener Hand den 
Dolch in's Herz gestoßen haben soll! Wer 
mir das Räthsel lösen könnte! Wie kalt und 
ruhig der Freiherr mir die Hiobspost brachte! 
Weshalb weigerte er sich, mich hierher zu be— 
zleiten? Und doch — als ich ihm befahl, 
das Antlitz des Todten zu enthüllen, zuckte 
keine Fiber in seinem Gesicht. 
Noch einen letzten Blick warf die Comtesse 
auf die Züge ihres Verlobten, dann verließ 
sie langsam das Zimmer und den Gast⸗ 
hof. In ihre Wohnung zurückgekehrt, befahl 
le einem Diener, in das Städichen zu eilen 
und den Doctor Sand zu bitten, sie unver⸗ 
‚züglich zu besuchen. Der Arzt kam dieser 
Bitte sofort nach, kaum eine halbe Stunde 
var seit der Heimkehr der Comtesse verstrichen, 
als der junge Doctor schon bei iht eintrat. 
„Sie werden bereits gehört haben, daß 
wein Verlobter, Baron Theodor von Reden, 
iich in verwichenee Nacht in dem Gasthofe 
‚zur Sonne“ entleibt hat,“ sagte Eleonore, 
nachdem der Arzt Hut und Stock abgelegt 
jatte. „Daß Gesetz bestimmt, daß die Leiche 
ines Selbstmörders nicht in geweihter Erde 
uhen soll, deßhalb habe ich mich entschlossen, 
neinem Verlobten in der Gruft meiner Ahnen 
zie Ruhestätte anzuweisen. Mein Kutscher 
vird die entseelte Hülle in der nächsten Racht 
ur Residenz bringen, ich wünsche, daß die— 
elbe vor ihrer Beiseßung einbalsamirt werde; 
iesen Wunsch zu erfüllen, habe ich Sie er— 
oren, ich bin überzeugt, Sie werden sich dem 
duftrage gern unterziehen.“ „Wenn Sie es 
vünschen, zewiß,“ erwiderte der Arzt, „dann 
iber möchte ich Sie bitten, die Leiche 
erst nach der Einbalsamirung von hier ab⸗ 
ühren zu lassen.“ 
(Fortsetzung folgt.) 
Mannigfalliges. 
Sorüche. 
Den Berliner Rathhauskeller zieren fol— 
ende, nach Beginn des Krieges dort angebrachte 
Sprüche: 
Wollt' mir der Himmel an Geld und Gut 
ZFin wenig mehr als ich brauche, bescheeren, 
Dann will ich recht gerne mit frohem Muth 
Die größten Strapazen des Lebens entbehren. 
Daß Bayrisch Bier auch Helden nährt, 
Das haben die Bavern in Frankreich gelehrt. 
Ein fein Plätzchen, ein fein Schätzchen, 
Ein fein Späßchen, ein fein Gläschen, 
Ein fein Weinchen oder Bierchen, 
Dieses ist so mein Pläsirchen. 
Des Durstes Gluth verschließt kein Trank noch 
Zauberwort. 
Je mehr man sie begießt, je toller brennt sie fort. 
Bayrisch Bier aus Bayerns Malz, 
Wein und Mädel aus Bayerns Pfalz, 
Sind drei schöne Dinge, dächt' ich, 
Schon wer eins hat, — schmeckst du prächtig! 
Alt werden — steht in Himmels Gunst, 
Jung bleiben — das ist Lebenskunst. 
Sinnspruch. 
Jeder nach seinem Sinn wählt seiner Freude Ort, 
Der Rosenkäfer hier, und der Mistkäfer dort. 
(Rüscckert.) 
Druck und Verlag von F. X. Dewment in St. Ingbert.