Full text: St. Ingberter Anzeiger

während er dem jungen Manne die Hand 
reichte, wie aber wollen Sie es ermöglichen? 
Sie stehen im Dienste der Comtesse, so gut 
wie ich: der Freiherr ist ihr Verlobter und 
gegen einen solchen Herrn richten wir Beide 
nichts aus. „Ueber die Mittel und Wege nach⸗ 
zusinnen, überlaßt mir,“ fuhr der Verwalter 
fort, „wir bedürfen dazu vielleicht einige Wo⸗ 
chen, ja Monate, aber ich hoffe, wir werden 
zum Ziele kommen: Sind die Holzhauer noch 
mit dem Fällen der Bäume beschäftigt ?“ 
Ja. „Gut, führt mich zu ihnen; ich 
werde Befehl geben, daß die Arbeit sofort 
eingestellt wird.“ 
Das wollten Sie wagen? fragte der 
Förster erstaunt. „Gewiß, glauben Sie, ich 
werde ruhig zusehen, daß der Wald ruinirt 
wird?“ 
Der alte Waidmann schüttelte bedentlich 
sein Haupt. Ich glaube nicht, daß dies der 
richtige Weg ist, er wird zu einem sehr un⸗ 
angenehmen Auftritt mit dem Freiherrn führen 
und die Möglichkeit liegt seyr nahe — „Daß 
er mich entläßt?“ unterbrach Stern ihn ru⸗ 
hig. „Er wird es nicht wagen und den unan⸗ 
genehmen Auftritt mit ihm fürchte ich nicht.“ 
Die Holzhauer weigerten sich im ersten 
Augenblick, dem Befehle des jungen Mannes 
zu gehorchen, und es bedurfte von Seiten des 
Försters der energischen Drohung, daß er die 
Hunde auf sie hetzen werde, um sie zur Ein⸗ 
stellung der Arbeit zu veranlassen. 
Der Verwalter war kaum in seine Woh⸗ 
nung zurückgekehrt, als der Freiherr ihn be— 
suchte. Der Haß, der in seinem Blick loderte, 
und die Aufregung, die in seinem ganzen Wesen 
sich kundgdab, mußten dem jungen Manne 
verrathen, daß die Holzhauer bereits Rapport 
erstattet hatten. 
Sie haben sich erkühnt, einen Befehl der 
Comtesse zurückzunehmen, ohne dazu beauftragi 
zu sein ? rief er in einem Tone, der dem 
Verwalter das Blut in die Wangen trieb. 
Sie waren sogar so frech, den Leuten, die auf 
Befehl der Gräfin Holz fällten, mit den 
Hunden des Försters zu drohen? Diese Un—⸗ 
verschämtheit geht zu weil — „Ich werde bei 
dem gnädigen Fräulein diesen Schritt recht⸗ 
—OD 
dem Edelmanne in's Wort, „Sie aber sind 
nicht berechtigt, mich deßhalb zur Verantwortung 
zu ziehen. Dagegen glaube ich berechtigt zu 
sein, Sie zu fragen, wo und zu welchem 
Preise die gefällten Stämme verkauft worden 
sind, und in welche Kasse das Geld geflos⸗ 
sen ist ?“ 
Unverschämter! brauste der Baron auf. 
Sie vergessen, daß Sie von meiner Gnade 
abhängen, daß ein Wort von mir genügt, 
Ihnen den Stuhl vor die Thür zu fetzen. 
„Wenn Sie solche Macht zu besitzen glauden, 
so machen Sie Gebrauch von ihr,“ erwiderte der 
Verwalter, „ich glaube nicht, daß die Comtesse 
von Strahlen, deren strenge Gerechtigkeit be— 
kannt ist, so ungerecht sein wird, das Urtheil 
zu fällen, bevor sie beide Parteien gehört hat. 
Bah! die Comtesse wird Sie nicht vor⸗ 
lassen. „Weil ihr Kammerdiener in Ihrem 
Solde steht!“ Die Wangen des Freiherrn 
vurden erdfahl, mit dem Ausdruck ködtlichen 
dasses ruhte sein stechender Blick auf dem 
zungen Mame, der trotzig ihm gegenüber 
tand. „Respectiren Sie meine Ehrlichkeit und 
ischen Sie anderswo im Trüben,“ fuhr Stern 
nach einer kurzen Pause fort, „ich werde nie 
ind nimmer mich zu Ihrem Gehülfen hergeben 
ind der Comtesse sofort einen genauen Bericht 
iber die Anordnungen, welche Sie getroffen 
haben, überreichen, wenn Sie es wagen, mir 
in den Weg zu treten.“ 
Eine solche Sprache schien der Freiherr 
noch nicht gehört zu haben; dem jungen Manne 
'onnte es nicht entgehen, daß sie ihren beab⸗— 
ächtigten Eindruck nicht verfehlte, zugleich aber 
auch den Haß in der Seele des Edelmannes 
schürte und befestigte. (Forts. folgt.) 
Viersylbige Charade. 
Der Ersten gold'ne Zeiten 
Entschwinden wie ein Pfeil; 
Die Letzten, von den Ersten 
Sind sie das Gegentheil, 
Vom Ganzen auch, das immerfort 
So viel gilt als das erste Wort. 
Auflösung des Logogryph in Nr. 74 des Unterhal⸗ 
tungsblattes: Leben — Nebel. 
Druck und Verlag von F. X. Deme in St. Ingbert.