dem Vorwande, die Comtesse sei wmin ihrer
Toilette beschältigt, zurückgewiesen, als er kurz
nach jenem Tage sie besuchen wollte.
HSer Freiherr war nun im Laufe des
Winters seinem Ziele nicht näher gekommen.
Die Comtesse blieb sich ihm gegenüber stets
gleich; es gelang ihm nicht, ihren Lippen ein
Wort, oder ihren schönen Augen einen Blick
zu entlocken, worin er eine Aufmunterung
oder gar die nahe Erfüllung seiner Wünsche
finden konnte.
Er glaubte nun, eine genügende Probe
seiner Geduld und Ausdauer abgelegt zu ha—
ben und zu einer entscheidenden Frage berech⸗
tigt zu sein und diese Frage brannte ihm so
lange auf der Zunge, daß er sie endlich nicht
länger zurückhalten konnte.
Es war an einem heitern, lauen Nach⸗
mittage, die Comtesse saß in ihrem Boudoir
am geöffneten Fenster, als der Freiherr sich
erlaubte, ihr sein Herz und seine Hand anzu⸗
dieten.
Sie werden sich erinnern, daß Sie im
vorigen Herbste mir erklärten, Sie wüßten sehr
wohl, welchen Zweck ich verfolge, und daß sie
gleichzeitig mich aufforderten, Geduld zu üben,
sagte er, während er mit verschränkten Armen
ljangsam auf- und abwanderte. Nun wohl,
ich glaube Ihnen die Beweise meiner innigen
treuen Liebe geliefert zu haben, Elesnore, Sie
werden mir zugeben müssen, daß Ihre dama—
lige Erkläruung mich berechtigte, Sie heute um
die Eutscheidung über unsere Zukunft zu bitten.
„Um die Entscheidung über unsere Zukunft,
Herr Baron?“ erwiderte Eleonore, in dem—
selben kalten, gleichmüthigen Tone, in welche
sie stets über minder wichtige Angelegenheiten
zu ihm redete. „Der Wille der Vorsehung
alllein entscheidet über die Zulunft eines Sterb⸗
lichen; Hich bedaure, Ihnen heute nicht mehr
noch weniger sagen zu können, wie damals.“
Sie sind heute spröde, Eleonore, Sie ge⸗
fallen sich darin, mich an Ihren Triumpf—
wagen zu fesseln. „Erlauben Sie, Herr Baron,
Sie selbst haben diese Fessel sich ang legt.“
Aber Sie duldeten es — „Konnte ich Sie
daran hindern ? Meine Hand gehört dem allein
der mein Herz gewinnt, und wenn es Ihnen nicht
gelungen ist, dieses Herz zu gewinnen, so trifft
die Schuld nicht mich, sondern Sie allein;
Sie haben Zeit und Gelegenheit genug gehabt,
den Weg zu suchen, der zu meinem Herzen
führt.“ Der Freiherr war stehen geblieben,
sein Blick ruhte stechend auf dem schönen
Antlitz des jungen Mädchers, welches unbe⸗
vegt in den Garten hinausblickte. Dieses
Herz ist mir ein Räthsel, Eleonore, rief er
aufgeregt. „So suchen Sie es zu ergründen,
Herr Baron“
Ich vermag die Eiskruste nicht zu durch⸗
dringen, mit der es sich umzogen. „Weil
Ihr Vlick dieses Eis nicht schmelzen kann.“
Der Freiherr zuckte ungeduldig die Ach⸗
seln und trat näher. Soll ich Jhnen sagen,
wer zwischen mir und Ihrem Herzen steht?
flüsterte er im Tone unversöhnlichen Hasses.
Soll ich Ihnen den Mann nennen, mit dem
Ihre Seele sich beschäftigt? Der schlesische
Bauer! „Herr Baron, ich mache Sie darauf
aufmerksam, daß Sie einer Dame gegenüber
stehen !“ fiel Eleonore ihm mit gemessenem
Ernst in's Wort. —
Dem Freiherrn war es nicht entgangen,
daß bei seinem Hohn die Wangen der Com⸗—
lesse sich entfärbt hatten, er fand darin einen
Beweis für die Richtigkeit seiner Vermuthung.
Comtesse Eleonore von Strahlen und ein
bürgerlicher Oekonom! Der letzte Zweig des
Stammbaums der Grafen von Strahlen!
„Sie werfen die Maske ab und zeigen sich
in Ihrer wahren Gestalt, Herr Baron von
Braß,“ sagte die Comiesse mit eisiger Kälte,
„hätte mein Verwalter kein besseres Verdienst
wie dieses, ich würde mich dennoch ihm zu
Dank verpflichtet fühlen. Was Sie beröchtigt,
meine Gastfreundschaft in dieser Weise zu iniß⸗
brauchen, weiß ich nicht; ebensowenig vermag
ich zu eiforschen, woraus Sie den Schluß ge⸗
zogen haben wollen, daß mein Verwalter
zwischen Ihnen und mir stehe. Ich denke aber,
nach dieser Unterredung muß es Ihnen klar
geworden sein, daß es von Ihrer Seite Thor⸗
heit wäre —“
Bah, Thorheit ist es nur, das aufzugeben,
was man noch nicht unrettbar veirloren hat,
unterbrach der Freiherr sie, der mühsam
seine fieberhafte Aufregung bekämpfte. Leben
Sie wohl, Eleonore, ich werde in Ihrer
Nähe bleiben und kein Mittel unversucht
lassen, um das reine Wappenschild der