Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anterhaltungsblatt 
St. Ingberter Anzeiger. 
VF. 30. Sonntag, den 9. Inli 
877. 
Ein dunkles Geheimniß.“* 
Novelle 
von Ewald August König. 
Flaschen Rheinwein lagen immer hier in der 
Finsiedelei, dann hatte der Graf stets seine 
Freude daran, wenn er mich mit einem kleinen 
Spitz heimschicken konnte. „Weshalb mag das 
mädige Fräulein niemals hierherkommen ?“ 
ragte der Verwalter. „Ich werde es in den 
rächsten Tagen einmal öffnen und einen 
sübschen Pavillon für den Sommer daraus 
chaffen. Jetzt will ich Sie nicht länger auf— 
jalten leben Sie wohl und vergessen Sie 
richt, daß nur die strengste Verschwiegenheit 
die Lösung jenes dunklen Räthsels ermög— 
ichen kann,. Was ich Ihnen heute anvertraut 
zabe —“ 
Ich bin verschwiegen wie das Grab, Herr 
— — — Verwalter bauen Sie darauf, er— 
viderte der Waidmann, indem er dem jungen 
Hanne die Hand bot, und nun gute Nacht! 
der Verwalter blickte dem alten Manne nach, 
is derselbe seinen Blicken entschwunden war, 
hann kehrte er zur Einsiedelei zurück. „Das 
däuschen interessirt mich,“ sagte er leise, „bei 
einem Anblick ist in meiner Seele plötzlich 
die Ahnung erwacht, als ob es ein Geheim— 
niß berge, — bah, was wird es enthalten? 
Schutt und Stiaub, Moder und Spinngewebe! 
— Und doch möchte ich einen Blick hinein— 
verfen, denn diese Ahnung wird mich nicht 
derlassen, bis ich mich von ihrer Thorbeit 
üͤberzeugt habe.“ 
Aber vergeblich versuchte der junge Mann 
diesen Wunsch zu erfüllen, die beiden Fenster 
waren von innen verhangen und die Thür 
zab seinem Druck nicht nach. Auch war be⸗ 
ceits die Abenddämmerung so weit vorgeschrilten 
daß die Dunkelheit ihm die Erfüllung seines 
(Fortsetzung.) 
Je länger ich über Ihren Verdacht nach— 
denke, desto stärker drängt die Ueberzeugung 
sich mir auf, dak dieser Verdacht nicht unbe— 
gründet ist, nahm der Förster nach einer 
geraumen Weile wieder das Wort. Aber daß 
Sie trotzdem nicht darauf hinarbeiten wollen, 
den rothhaarigen Kammerdiener und die an⸗ 
deren Creaturen des Freiherrn aus dem 
Schlosse zu entfernen, begreife ich nicht. Glauben 
Sie vielleicht, der Freiherr ließe Sie nicht 
durch seire Spione beobachten? „Ich bin sogar 
überzeugt davon,“ erwiderte der junge Mann 
cuhig, „und eben deßhalb mag ich nicht offen 
gegen ihn in die Schranken treten. — In 
diesem Theil des Parkes bin ich nur einmal 
und zwar kurz nach der Uebernahme der Ver— 
waltung gewesen,“ fuhr er fort, indem er 
oor einem kleinen aus Baumstämmen aufge— 
richteten und mit Moos bewachsenen Häuschen 
ttehen blieb. „Wissen Sie vielleicht, zu welchem 
Zweck diese Einsiedelei benutzt wird ?“ 
Unser seliger Graf liebte es, an heißen 
Sommertagen hier zu sitzen, entgegnete der 
Waidmann. Oft hat er hier mit seinen Freun— 
den bis in die Nacht hinein pokulirt. War 
ein gar leutseliger lustiger Herr, ich hatte 
meine Freude an ihm, wenn wir mitsammen 
auf die Jagd gingen. Wenn wir zurückkamen, 
machten wir in der Regel hier Halt; einige