Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hand zu leisten, außerdem aber die strengste 
Verschwiegenheit zu beobachten.“ 
„Kannte der Freiherr auch dieses Geheim— 
niß ? „Nein.“ 
Aber er hätte es sehr leicht durch seine 
Spione erfahren können. „Glauben Sie?“ 
fragte der Kutscher bedeutsam lächelnd. 
Gewiß. Lag es nicht in der Möglichkeit, 
daß einer dieser Spione Euch folgte, wenn 
Ihr hierher gingt? „Allerdings. Aber sehen 
Sie dort die Säcke, sie enthalten Hafer und 
ich ging nie hierher, ohne einen solchen Sack 
mit zurück zu bringen. Im Schlosse weiß 
jeder Diener, daß ich hier eine Fourage— 
Niederlage habe, Niemanden kann es also 
auffallen, wenn ich dann und wann hierher⸗ 
gehe.“ 
„Wenn nun aber der Freiherr eigenmäch— 
tig den Pavillon geöffnet hätte, um ihn seiner 
früheren Bestimmung zurückzugeben? „Se 
würde er trotzem das Geheimniß nicht ent« 
deckt haben: Die Fallthür ist so genau in 
den getäfelten Fußboden eingefügt, daß sie 
sobald nicht bemerkt werden kann, selbst der 
Ring, an welchem sie emporgehoben wird 
ruht in einer Vertiefung, die ein Holzplätt— 
chen bedeckt. Zum Ueberfluß habe ich diesen 
Teppich über die betreffende Stelle gelegt, 
und es steht nicht zu erwarten, daß Jemand 
denselben aufhe ben wird, um unter ihm ein 
Geheimniß zu suchen.“ 
Der Verwalter erhob sich. Die Comtesse 
kommt wohl nie hierher ẽ fragte er. „Sie war 
nur einmal, kurz nach der Einbalsamirung 
der Leiche hier.“ 
Ich begreife nicht, daß sie in ihrem Park, 
in der Nähe ihres Schlosses — Ah, Herr 
Verwalter, das gnädige Fräulein kennt keine 
Gespensterfurcht. Als der selige Herr Graf 
gestorben war, hat die Comtesse zwei Nächte 
hindurch an seinem Sarge gesessen —-“ 
Habt Ihr keine Ahnung davon, was die 
Comtesse mit der Aufbewahrung der Leiche an 
diesem Orte bezweckt? „Nicht die geringste.“ 
Seid so gut und öffnet die Thür, ver—⸗ 
rathet Niemanden, auch nicht dem gnädigen 
Fräulein, daß ich das Geheimniß kenne, — 
hört Ihr? „Es liegt in meinem eigenen In⸗ 
teresse, dies zu verschweigen. Die Gräfin 
würde mich vielleicht sofort entlassen, wenn sie 
es erführe.“ 
Seid deßhalb unbesorgt, mein Wort gilt 
hoffentlich auch noch etwas. Richtet Euer 
Angenmerk auf den Kammerdiener; sobald 
Ihr ihn auf irgend einem schlechten Streich 
ertappt, sagt es mir, der Spion muß aus 
dem Hause. Dem Stubenmädchen und der 
seöchin traue ich ebensalls nicht, seid wachsam 
der Freiherr hat das Schloß verlassen, um 
nicht wiederzukehren, arer er wird in der 
Nähe bleiben und deßhalb inüssen wir die 
Augen offen halten. Gute Nacht. 
Der Kutscher schloß sorgfältig die Thür, 
spähte nach allen Richtungen in die Dunkel— 
heit hinaus und kehrte darauf zum Schlosse 
zurück. 
(Fortsetzung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
Am Sonnabend Nachmittag hat abermals 
auf der Berlin-AnhaltischenEisen— 
bahm in der Gegend von Zahna durch den 
Zusammenstoß eines Güterzuges mit einem 
Personenzuge ein kleiner Eisenbahnunfall stait⸗ 
gefunden. Es sind drei Wagen zertrümmert 
worden und haben sieben Persouen leichte 
Contusionen erlitten. 
Dreisylbige Charade. 
Wir Menschen sollen durch das ganze Leben, 
Durch unser Thun und Lassen darnach streben 
Daß man den ersten Zwei uns beigesellt. 
Doch Keinem wird dies Prädicat zu eigen, 
Will er die letzte Sylb' nicht übersteigen, 
Die sich ihm, bildlich, oft en tgegen stellt. 
Zum Vorbild diene uns hierbei das Ganze:— 
Nicht strahlte es nunmehr im heh'ren Glanze, 
Ward es durch Schwierigkeiten abgeschredt, 
Die sich ihm zeigten bei dem edlen Streben, 
Der Welt ein Mittel an die Hand zu geben, 
Wie's wicht'ger Keiner vor ihm hat endeckt. 
Auflösung der viersilbigen Charade in Nr. 77 des 
Unterhaltungsblattes: Ju gen dalter. 
Druck and Beclag von F. X. Denes in St. Ingbert.