Full text: St. Ingberter Anzeiger

Richter, es liegt ja im Interesse der Sache 
selbst, daß wir unsere Ansichten ohne Rück— 
halt austauschen. Sie denken an den Freiherrn 
von Braß? „Ja, der Baron von Reden war 
sein begünstigter Nebenbuhler, der Baron 
von Reden hatte im Zweikampf den ersten 
Schuß, und der Freiherr wußte sehr genau, 
daß sein Gegner die Schwalbe im FJluge 
nicht fehlte. Er wußte ferner, daß Haß und 
tiefgekränkte Ehre die Triebfedern waren, 
die den Baron bewogen hatten, seinen feigen 
Gegner zum Duell zu zwingen; was also 
lag dem Freiherrn näher, lals die Gewißheit, 
daß die Kugel seines Gegners ihn tödten 
oder schwer verwurden werde? In beiden 
Fällen durfte er sich auf die Erfüllung seiner 
Wünsche keinen Hoffnungen mehr hingeben 
und nur der Tod des Barons lonnte die 
Durchkreuzung seiner Pläne verhüten.“ 
Sie glauben also, er habe den Moͤrder 
gefunden ? fragte der Richter. „Ganz gewiß 
und ich habe einigen Freunden in der Re— 
sidenz Auftrag gegeben, nöthigenfalls mit 
Hdülfe der Polizei zu erforschen, miit welchen 
Subjecten der Freiherr kurz vor seiner Abreise 
berkehrte.“ 
Nund? fragte der Arzt. „Ich habe bis heute 
noch keine näheren Nachrichten darüber erhalten.“ 
So glaube ich auch nicht, daß Sie auf 
diesem Wege ein Resultat erzi len werden, 
sagte der Richter. Nach meiner Ansicht wäre 
es das beste, den Freiherrn in jenen Pavillon 
zu locken und ihm dort plötzlich die Leiche zu 
zeigen. „Was hä, ten wir dadurch gewonnen? 
erwiderte der Verwalter ruh ig. Im günstigften 
Falle lieferten sein Erschrecken und der Aus— 
druck seiner Züge uns den Beweis, daß unser 
Verdacht begründet ist, aber können wir uns 
auf einen solchen Beweis stützen ? Derartige 
Ueberraschungen, welche die Untersuchungsrich⸗ 
ter so außerordentlich lieben, koönnen wir hier 
nicht in Anwendung bringen, wir müssen bessere 
Beweise haben.“ 
Und wo wollen Sie diese finden ? fragte 
der Richter. Ich weiß es nicht, aber ich 
halte an der Hoffnung fest, daß es mir ge⸗ 
kinven wird — — apropos, haben Sie den 
Dolch, den man bei der Leiche fand?“ 
Hier ist er, Sie werden bemerlen, daß 
er das Wappen und den Namenszug des 
Verstorbenen trägt. Der Namensgzug ist täu⸗ 
schend ähnlich, aber das Wappen ist falsch,“ 
sagte der junge Mann, nachdem er die Waffe 
hetrachtel hatt. „Das Wappen der Barone 
von Reden ist in zwei Felder eingetheilt, das 
erste enthält den Löwen im weißean Felde, 
das zweite drei Sterne im schwarzen Felde. 
Auf diesem Wappen dagegen finde ich den 
Löwen im schwarzen und die Sterne im silbernen 
Felde, das ist jedenfalls ein Zeichen, daß 
ein in der Genealogie bewanderter Graveur 
das Wappen nicht gestochen hat.“ 
Desto sicherer wird der Betreffende sich 
erinnern können, wann und in wessen Auf⸗ 
trage er es gestochen hat, erwiderte der 
Richter rasch, sehen Sie einmal genauer zu, 
oielleicht war der Mann so stolz auf seine 
Arbeit, daß er sie mit seinem Ramen bersah. 
Der Dolch wanderte aus einer Hand in 
die andere, der Arzt betrachtete ihn lange 
durch das Mikroskop, nirgend war der Name 
oder ein Zeichen des Graveurs zu entdecken. 
(Fortsetzung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
Neue Uebersetzung des Wortes Toilette. 
„Jean!“ — ‚'r Gnaden gnäd'ge Fräul'n 
Gräfin! was befehlen's?“ — „Laß Er mir 
ja vor elf Uhr keinen Besuch vor, denn ich 
muß erst Toilette machen.“ — „Sehr wohl, 
'r Gnaden gnäd'ge Fräul'n Gräfin.“ — 
„Jean! melde Er mich bei der Fräulein 
Bräfin zum Besuche an.“ — ‚„Müssen 'r 
Bnaden schon ein wenig gedulden, Herr 
Baron! denn die gnädige Fräul'n thut grad' 
— — — ist mir das deixels französische 
Wort ausgefall'n / 54 — nu! auf Deutsch 
wird's ungefähr heiß'n sollen: sie thut grad' 
ihre zwei frischen Zähne einsetzen und ihre 
Backen roth anstreichen.“ 
Sinnspruch. 
Deutsche Freiheit, deutscher Gott, 
Deutscher Glaube ohne Spott, 
Deutsches Herz und deutscher Stahl 
Sind vier Helden allzumall Arndt 
Druck und Verlag von F. X. Demnez in St. Ingbert.