an sich halten; der stechende Blick voll bos⸗
hafter Tücke und das Lächeln triumphirenden
Hohns auf den Lippen des' Freiherrn schürten
in seiner Seele die Gluth des Hasses, daß
sie hoch aufloderte. Er gedachte seines Vor⸗
habens und bezwang sich.
Wenn der Herr Baron das behauptet, so
wird er wohl Gründe dazu haben, erwiderte
er, den Blick fest auf die Züge des Edel—
mannes gerichtet, wer die Comtesse kennt,
wird wissen, daß ihre reine Seele vor Allem
zurückbebt, was qian im gewöhnlichen Leben
niedrig und gemein zu nennen pflegt. Ich
könnte Ihnen ein Beleg zu ihrer Charakter⸗
festigkeit liefern und einen ihr im Range eben⸗
bürtigen Mann nennen, der sich durch seine
niedrigen Gesinnungen ihre Verachtungen zu—⸗
gezogen hat, aber wozu? Mag Jeder sich
seine Anficht über sie bilden, ich hoffe, wir
Alle wissen — „Ah, Sie weichen aus,“
unterbrach der Freiherr ihn mit kaltem Hohn.
Ich weiche aus, weil ich es für überflüssig
halte, die Gräfin an diesem Orte und in
diesem Kreise zu vertheidigen, an einem an—
deren Orte dagegen siehe ich gern zu Dien⸗
sten, fuhr der Verwalter mit scharfer Betonung
fort. Die Ehre einer Dame ist zu hart, als
daß man im Wirthshause sie abwägen dürfte,
ich sehe sie lieber auf der Degenspitze. Diese
Worte verfehlten den beabsichtigten Eindruck
nicht. Der Verwalter hatte absfichtlich so offen
mit einer Herausforderung gedroht, um der
Gesellschaft zu beweisen, daß der Freiherr in
der That eine feige Memme war. Dieser
Beneis gelang ihm vollständig, der Edelmann
begnügte sich damit, die Drohung durch einen
zlühenden Blick des Hasses zu erwidern.
Ich denke, wir streiten uns um des Kai—
sers Bart, nahm der Arzt das Wort. Sto⸗
ßen wir an auf das Wohl der Gräfin von
Strahlen, die wir Alle lieben und ehren.
„Da haben Sie Recht,“ sagte der Bürger⸗
meister, „und in diesem Punkte wird die ganze
Stadt mit Ihnen übercinstimmen.“
Lieben? Die ganze Stadt? warf der
Freiherr ein. Bah, es lohnt sich nicht der
Mühe, daß man wegen einer solchen Bagatelle
sich erhitzt, aber die Stunde kommt, in der
man sagen wird, ich habe Recht gehabt. „Ich
glaubte, Sie seien schon gestern abgereist,“
wvandte Stern sich zu dem Edelmann, der
nach jener Bemerkung sein Glas hastig geleert
hatte. „Für den Fall Sie in den nächsten
Tagen zur Residenz zurückktehren, möchie ich
A
Ich reise ab, wann es mir gefällt, fiel
der Freiherr ihm barsch in's Wort, vorläufig
gedenke ich noch einige Wochen hier zu bleiben.
„Dann werden Sie mir wohl die Ehre er—
zelgen, meine Einladung auf morgen Abend
anzunehmen,“ sagte der Arzt, „ich feiere
morgen mein Geburtsfest und gedenke den
Abend dieses hochwichtigen Tages im Kieise
meiner Freunde festlich zu begehen; auch Sie
meine Herren sind freundlichst dazu einge⸗
laden.“
Sie feiern morgen Ihren Geburtstag?
fragte der Wirth erstaunt. „Ja, und zwar in
Ihrem Hause, wenn Sie die Bewirthung
übernehmen und mir für den Abend ein Zim—
mer einränmen wollen.“
Apropos, wie steht es mit Nummer Sie—
benzehn?“ fragte der Verwalter. „Nicht besser
wie früher,“ erwiderte der Wirth seufzend.
„Ich darf's keinem Gust anbieten, ohne ihm
vorher den traurigen Vorfall mitzutheilen,
und nach diesen Mittheilungen will Niemand
dort schlafen.“
So wollen wir in diesem Zimmer morgen
Abend speisen und die Nacht in demselben
verbringen, sagte der Arzt ruhig; ich hoffe,
den Herren wird's recht sein. „Der Einzige
unter uns, der dagegen vielleicht etwas einzu—
wenden findet, ist der Herr Baron,“ erwi⸗
derte der Verwalter mit einem lauernden
Seitenblick auf den Freiherrn, der gleichgültig
die Achseln zuckte und mit demselben Gleich—
muth den Rauchwölkchen seiner Cigarre nach—
schaute.
Nicht im Geringsten, versetzte der Frei⸗
herr, obschon ich nicht leugnen will, daß ein
anderes Zimmer mir lieber wäre. „So bleibt's
dabei,“ sagte der Arzt, „wir feiern unser
kleines Fest in Nummer Siebenzehn.“
Der Freiherr erhob sich und verließ den
Saal, eine halbe Stunde später trennte die
Gesellschaft sich.
Es schlug zehn Uhr, als der Verwalter
seinen Heimweg antrat. Die Nacht war ziem⸗
lich stürmisch und finster, kein Stern lenchtete.