Thür von außen öffnen und wieder schließen
kann?“ unterbrach der Richter ihn.
„Auch wenn ein Riegel vorgeschoben ist ?*
fragte der Freiherr mit kaltem Hohn. „Er—
lauben Sie, den Beweis will ich Ihnen
lieiern,“ sagte der Verwatter, indem er sich
erhob.“
Seben Sie sich keine Mühe! rief der
Freiherr barsch. Wozu soll dieser Beweis
dienen? Er wird den Spießbürgern und den
Klatschbasen nur Veranlassung geben, ihr
fades Geschwätz noch breiter zu treten. Der
Verwalter haͤtte sich bereits der Thür ge⸗
nähert. „Gleichviel,“ erwiderte er. „Die
Herren wird es wenigstens interessiren, zu er⸗
fahren, daß ein Nachtriegel nicht den minde—
sten Schutz gewährt. Haben Sie die Güte,
den Riegel vorzuschieben, Herr Doctor.“
Der Arzt kam dieser Aussorderung, nach—
dem der junge Mann das Zimmer verlassen
hatte, ohne Zögern nach, im nächsten Augen-
bblick kam der Verwalter wieder in die Stube,
er hatte die Thür geräuschlos geöffnet. Hier
ist das Instrument, sagte er, indem er dem
Richter einen feinen, aber sehr starken und an
der Spitze mehrfach gekrümmten Draht über⸗
reichte, mit diesem Passepartout kann ein ge⸗
wandter Dieb jedes besonders complicirte Schloß
öffnen.“
Sie haben diese Wissenschaft wohl gründ⸗
lich studirt ? höhnte der Freiherr. „Es inte⸗
ressirte mich zu erforschen, welchen Schutz
ein Nachtriegel gewährt,“ erwiderte der Ver⸗
walter gelassen.
„Ich werde meine Schlbsser ändern lassen,“
sagte der Wirth; „wenn die Kunde von
dieser Erfindung sich in die Stadt verbreitet,
erregt sie gewiß ungewöhnliches Aufsehen.“
„Moglicherweise bringt sie dem Herrn Stern
die goldene Verdienstmedaille ein,“ fügte der
Freiherr spottend hinzu. „Was gibt's Neues
im Schlosse ?“
Wenn Sie es zu erfahren wünschen,
müssen Sie persönlich sich hinbemühen, erwi
derte der Verwalter. Ich bekümmere mich nicht
um das, was im Schlosse vorfällt. „Wirklich?
Sie hätten doch triftige Gründe dazu.“
Weshalb? „Sie werden es ebenso gut
wissen wie ich.“
Wuüßte ich's, würde ich Sie nicht fragen.
„Bah, ich fühle mich nicht verpflichtet,
Ihnen weitere Rede zu stehen,“ sagte der
Freiherr in einen Tone, der dem jungen
Manne die Galle in's Blut trieb. „Sie werden
ich wohl erinnern, über welches Thema wir
gestern Abend redeten.“
Freilich, Sie waren gestern Abend so
freundlich, Ihre Ansichten über den Charakter
der Comtesse von Strahlen zu äußern. „Und
ich behauptete bei dieser Gelegenheit, daß
die Gräsin ihren Verlobten schon längst ver—
gessen habe.“
Aber inwiefern steht das im Zusammen⸗
hange mit Ihrer heutigen — „Mein Herr,
Sie haben gestern Abend gesagt, hier sei nicht
der Ort, uͤber die Ehre einer Dame zu
richten.“
Allerdings, das aber hindert Sie nicht,
nir zu erklääͤren, welche triftige Gründe mich
zewegen müssen, mich um jeden Vorfall im
Schlosse zu bekümmern! fuhr der Verwalter
zereizt auf. Behauptungen kann Jeder aufwerfen,
aber der Ehrenmann liefert auch die Beweise
dazu. „Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß
ich mich nicht verpflichtet fühle, Ihnen über
diese Punkte Rede zu stehen, und daß Sie
ebenso gengu wie ich, jene Gründe kennen
würden,“ erwiderte der Freiherr; „wünschen
Sie dennoch nähere Erörterungen, so stehe ich
später zu Diensten.“
Nach dieser mit gemessener Kälte gegebenen
Erklärung entfernte der Freiherr sich und
weder der Doctor noch einer der Festgäste
machte einen Versuch, ihn zu längerem Bleiben
zu bewegen.
Jetzt wissen wir wieder nicht mehr noch
weniger wie gestern, sagte der Richter un—
muthig. „Still, er logirt immer noch nebenan,“
flüsterte Stern, „er könnte uns belauschen.
(Forisetzung folgt.)
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Druck und Verlag von J. X. Demez in St. Ingbert.