Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hoher! Hoͤher! Ohne Aufenthalt dem 
wesenlofen Nichts entgegen. 
Und wieder züngelien Flammen um uns 
und wieder stöhnte der Donner — Licht und 
Nacht in unablässiger Abwechslung. Und unter 
uns schien ein Sturm zu sausen und zu 
brausen, und zu Häupten glitzerte es wie 
Millionen Sternschnuppen in rasendem Wirr⸗ 
warr. 
stein Laut! Wir waren starr wie Bild- 
säulen! 
—X 
Augen. Wir schossen empor in wundervoller 
Nlarheit. Wir hatten die Gewitterwolke passirt 
und gondelten im milden Strahle des Mond⸗ 
lichtes und unter dem Lächeln der ewigen 
Sterne. Tief unter uns blitzte es noch und 
rollte noch dumpf der Donner. 
Aber wir hatten keinen Grund, freier zu 
athmen. Die Gasklappe war noch immer ge— 
schlossen und wir hatten kein Mittel, zur 
Erde zurückzukehren. Das Gas drang aus 
dem Ballon, und wir fühlten uns von Be⸗ 
täubung und Schwindel angewandelt, und das 
Gehirn begann zu kreisen. 
Höher! Höher! Unsere Reise konnte nur 
in Tod enden. Tief unten mußte man wenige 
Minuten später unsere zermalmten Gebeine 
auflesen, denn jede Falte des Ballons war 
verschwunden, und er sah prall und stramm 
aus und gaukelte wie toll hin und her. Fünf 
Minuten später und der Ballon mußte bersten. 
Die Damen beteten — die Männer seufzten. 
Plötzlich warf der Professor Rock und 
Weste ab und entledigte sich in Hast seiner 
Stiefel. Ohne eine Sylbe zu äußern, sprang 
er in das Tauwerk und klomm mit der Ge⸗ 
schwindigkeit des Eichhorns an den Netzen in 
die Höhe, ohne anderen Halt, als seine beiden 
Menfchenhände — nichts weiter, das ihn 
por dem Fall in das Universum schützte. Wie 
mbrünstig wir seinen Bewegungen mit unseren 
Stoßgebeten solgten, als er höher und höher 
Uomm und schließlich hinter der ungeheuren 
Wolbung des Globus verschwand! Und dann 
ergriffen wir unwillkührlich Einer des An— 
deren Hand und warteten und warteten und 
sahen einander lautlos in das todtbleiche An⸗ 
gesicht. 
Schreckliche Minuten! Sie erschienen uns 
wie Jahrzehnte! — — 
Edler Mann! Da ist er! Der Himmel 
segne ihn! Er hat uns gerettet! Wir sahen 
seine Gestalt langsam wieder an den Tauen 
niedergleiten, und wir standen unwillkührlich 
auf den Zehenspitzen, als wollten wir ihn 
mit unseren Händen auffangen. 
Langsam — langsam — stieg er hernie⸗ 
der — und dann mit einem unbeschreiblichen 
Freudenschrei hatten ihn zehn Menschenarme 
wonneselig umschlungen. Jeder weinte. 
Der Ballon sank langsam und sicher — 
tiefer und tiefer — durch Nebel und Wolken, 
durch die letzten linden Flocken des zerstobenen 
Gewitters; ein sanfter Westwind nahm uns 
auf und führte uns fächelnd durch den Luft⸗ 
raum, durch mondbeglänzte Fernen, näher 
und näher derselben Mutter Erde, die deut⸗ 
licher und deutlicher heraufdämmerte, bis wir 
kleine Lichtlein und wiegende Baumkrone unter⸗ 
scheiden konnten. Wir landeten endlich unweit 
einer Eisenbahn⸗Station und übernachteten auf 
berra firma und hatten einen tiefen Schlaf. 
Wir hatten dem ,‚Mann im Monde“ keine 
Grüße bestellt, wir hatten „keinen Stern um⸗ 
gesegelt“ und „machten kein Loch in der Erde“ 
dei unserem Niedergange. Aber wir hätten 
den Erdboden küssen mögen, und ehe wir als 
geflügelte Seelen nicht die große geheimnißvolle 
Reise in die Ewigkeit wieder cinmal antreten, 
versuchen wir die Götter nicht wieder.“ 
Charade. 
Die erste wird vom Frager 
Gar häusig angewandt; 
Die Zweite liebt der König 
Und auch der Bauernstand. 
Den Musenliebling, Deutschlands Zier, 
IhnInennen vereinigt die Beiden dir. 
Auflösung der dreisylbigen Charade in Rr. 80 des 
Unterhaltungsblattes: Gutenberg.“ 
Druck und Verlag von F. X. Demetz in St. Ingbert.