AUnterhaltungsblalt
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St. Ingberter Anzeiger.
Nr. 84. Donnerstag, den 20. Juli
1871.
Ein dunkles Geheimniß.*
Novelle
von Ewald August König.
hatte, dann gab sie es zurück. Er ist Eigen⸗
shum des Freiherrn von Braß, sagte sie.
Erinnern Sie sich dessen genau?“
Sehr genau: er trug ihn im vorigen
Herbst und äußerte oft sein Bedauern, daß er
das Gegenstück verloren habe. Die feine ge—
chmackvolle Arbeit prägte ihn meinem Gedächt ⸗
nisse ein.
Eine so klare und bestimmte Antwort
hatte der junge Mann nicht erwartet, sie
überraschte ihn.
Sie legen Werih auf diesen Knopf?
fragte die Comtesse nach einer kurzen Paufe.
„Ich kann es nicht leugnen. Der Ort, an
velchem ich ihn fand, verleiht ihm eine Wich—
igkeit, deren Tragweite noch nicht zu ermes—
sen ist. Dringen Sie nicht weiter in mich,
znädiges Fräulein, ich hoffe, Ihnen morgen
Aufklärung geben zu können.“
Der Verwalter wollte sich nach diesen
Worten entfernen; Eleonore bat ihn, zu
bleiben.
(Fortsetzung.)
Eben deshalb begreife ich nicht, daß Sie
Ihr Leben gegen das eines charakterlosen
Feiglings setzen wollen, entgegnete die Com—
tesse, weit eher würde ich es begriffen haben,
wenn Sie ihm mit der Hetzpeitsche die Ant-
wort auf seine Verleumdung gegeben hätten.
Wann und wo soll das Duell stattfinden?
„Morgen früh an der Einsiedelei im Parke,“
sagte der junge Mann mit eruster. Ruhe.
An der Einsiedelei? Weshalb wählen Sie
gerade diesen Ort?
Der Blick des Verwalters ruhte forschend
auf den bleichen Zügen Eleonore's, es ent⸗
ging ihm nicht, daß ein gewaltiger Kampf
in ihrer Seele tobte. „Sie vermuthen, daß ich
ihn absichtlich gewählt habe d Sie haben recht,
aber ich bitte Sie, mir die Gründe, die mich
bei dieser Wahl leiteten, zu erlassen.“
Und wenn ich dennoch darauf bestehe, sie
zu erfahren ? „Gnädiges Fränlein, Sie wer—
den sie errathen, wenn ich Ihnen sage, daß
der Zufall mich in das Geheimniß jenes Pa⸗
villons eingeweiht hat,“ erwiderte der Ver⸗
walter ruhig. „Nun aber bitte ich Sie, mir
eine Frage zu erlauben. Kennen Sie diesen
Knopf? Wissen Sie, wessen Eigenthum
er ist ?“
Eleonore betrachtete flüchtig das Knöpf—
chen, welches der junge Mann ihr überreicht
Sind Sie entschlossen, auch jetzt noch mi
dem Freiherrn den Degen zu kreuzen ? sagte
sie. „Ich bin es, gnädiges Fräulein, und
nichts wird mich bewegen, diesen Entschluß
zu ändern.“
Auch dann nicht, wenn ich Sie bitte, die
Herausforderung zurückzunehmen? Verzeihen
Sie,“ sagte der junge Mann mit gepreßler
Stimme, „dem Manne muß die Ehre höher
gelten, denn die —“
Denn die Bitte einer Dame? Sie sind
galant, Herr Verwalter. „Gnädiges Fräulein,
Ihr Vorwurf trifft mich nicht, Sie selbst