werden zugeben, daß ich jetzt nicht mehr zu⸗
rücktreten darf.“
Sie dürfen es nicht alleiu, Sie müssen
es! rief die Comtesse leidenschaftlich erregt.
Sie dürfen es, weil der Freiherr von Braß
ein Verbrecher ist, mit dem kein Ehrenmann
ein Rencontre haben kann: Sie müssen es,
weil Sie jetzt wissen, daß Ihr Leben mir
theuer ist! Vor dieser leidenschaftlichen Gluth
nußte die letzte Schranke fallen, mit dem
Ruf: „Eleonore!“ sank der junge Mann an
den Busen der Geliebten. — —
Zu derselben Stunde hatte der Freiherr
von Braß eine sehr wichtige geheime Unter⸗
redung mit dem rothhaarigen Kammerdiener
der Comtesse von Strahlen. Es handelte sich
um nichts Geringeres, als um die Entführung
Eleonore's die im Lauf der nächsten Nacht
dewerkstelligt werden sollte.
Jetzt also kennst Du den ganzen Plan,
sagte der Freiherr, der langsam in seinem
Zimmer auf⸗- und abwanderte; um ihn Dei—
nem Gedächtnisse einzuprägen, werde ich ihn
Dir mit wenigen Worten wiederholen. Du
giebst dieses Pulser der Köchin mit der Be⸗
merkung, daß der Augenblick gekommen sei,
und sagst ihr ferner, sie solle sorgen, daß
das Fräulein erst gegen zeyn Uhr zu Nacht
speise; ich hoffe, sie wird dies ermöglichen
können, ohne besonderen Verdacht zu erregen.
Zu derselben Zeit soll das Küchenmädchen
dem Verwalter diese Flasche Champagner im
Auftrage der Comtesse bringen, beauftragt er
sie, die Flasche wieder mitzunehmen, um sie
einstweilen für ihn aufzubewahren, so wird
sie erwidern, die Gräfin wünsche daß er diese
Flasche auf ihr Wohl leere. Wird mein
Auftrag pünktlich vollzogen, so dürfen wir
darauf rechnen, daß die Beiden um Mitter⸗
nacht in tiefem Schlaf liegen. Punkt zwölf
Uhr komme ich, Du packst inzwischen die
Garderobe und die Schmuchkschateille der Com⸗
tesse ein. Wenn der Verwalter morgen im
Laufe des Tages erwacht, wird er erfahren,
daß die Comtesse plötlich zur Residenz abge⸗
reist sei; ehe er daran denkt, fie dort auf⸗
zusuchen, sind wir bereits auf dem Schiff.
Die Liebenden verplauderten einige Stun
den und verabredeten, daß der Verwalter schon
am nächsten Tage seiner bisherigen Rolle ent⸗
agen und unter seinem wahren Namen auf⸗
reten solle. Auch wünschte Eleonore die
NRachforschungen wegen der Ermordung des
Baron von Reden nicht weiter zu verfolgen,
dielnehr möge es der Zeit und dem Zufall
iberlassen bleiben, den Schleier zu lüften, der
enes Geheimnißß verhüllt. Denn, sagte sie,
nach allen vorliegenden Beweisen, muß der
Freiherr von Braß bei diesem Verbrechen be⸗
heiligt sein, und es wäre mir peinlich, diesen
Mann, der unter der Maske der Freundschaft
ein halbes Jahr unter meinem Dache weilte,
auf dem Schaffot zu sehen. Er wird seiner
—A
Urme der irdischen Gerechtigkeit sich zu ent⸗
ziehen weiß.
Dieser Ansicht konnte der junge Mann
aicht beipflichten, aber er gab zu, daß die
Beweije noch nicht genügend seien, um die
Anklage gegen den Freiherrn zu erheben, und
daß man deshalb einstweilen noch sich gedul—
den müsse.
Er verabschiedete sich nach diesen Worten
und es fiel ihm einigermaßen auf, daß die
Fomtesse so ruhig blieb, daß sie nicht ihre
Bitten bezüglich des bevorstehenden Duells
viederholte. Daraus glaubte er den Schluß
iehen zu müssen, daß sie einen anderen Weg
zesucht und gefunden habe, um das Duell zu
erhindern, und diese Vermuthung ward zur
Bewißheit, als er bei der Rückkehr in seine
Wohnung den Richter in derselben fand. Je—
zenfalls hatte die Comtesse zu ihm hingeschickt
ind ihn gebeten, entweder gütlich oder auf
dem Wege des Gesetzes zu interveniren.
Dem war indeß nicht so, der Richter kam
aus anderen Gründen; von dem beabsichtigten
Quell hatte er keine Kenntniß erhalten. Sie
werden entschuldigen, wenn ich noch so spät
zu Ihnen komme, sagte er, ehe der junge
Mann zu einer Frage Zeit fand aber ich
ürchte, die Angelegenheit, die mich hierher
reibt, duldet keinen Aufschub. „Ich errathe,“
erwiderte der Verwalter kühl, „aber Sie be—
nühen sich vergebsich. Nur eins wünsche ich
ju wissen, ob Sie im Auflrage der Comtesse
'ommen, oder ob auch Ihnen das Gerücht
ie Nachricht in's Ohr geflüstert hat.“
Welche Nachricht? fragte der Richtor