Unterhaltungsblallt
4 46
St. Ingberter Anzeiger.
—XR Sonntag, den 23. Juli
181.
Ein dunkles Geheimniß.“
Novelle
oon Ewald August König.
Halt, sagte er, Sie bleibt und sofern Sie
sich nur durch einen Laut verräth, lasse ich
Sie augenblicklich verhaften. „Aber, mein
Gott, wozu das?“ fragte der Verwalter
überrascht.
Der Richter gab auf diese Frage keine
XDD—
üchtbar erschreckten Mädchen, sich zu setzen.
Von wem hat Sie diese Flasche erhalten?
ragte er und sein Blick ruhte so fest und
zurchdringend auf ihr, . daß sie nicht wagte,
diesem Blicke zu begegnen. Hat das gnädige
Fräulein Sie beauftragt, die Flasche dem
derrn Verwalter zu bringen ? Reden Sie die
Wahrheit, nach diesem Verhör wird ein zwei⸗
ses folgen, alsdann wird Sie Ihre Aussagen
beschwören müssen. Also, wie ist's ? Hat das
znädige Fräulein Sie beauftragt? „Nein.“
Wer gab Ihr die Flasche? „Jakob.“
Zu welchem Zweck? fragte der Verwalter,
dem jetzt, wie man zu sagen pflegt, ein Licht
rufgegangen war. „Das werden wir bald wis⸗
en,“ erwiderte der Doctor, während er den
Draht löste und die Flasche entkorkte.
Verzeihung, jammerte das Mädchen, man
zat mir so lange zugesetzt, bis ich Ja sagte,
in meinem Herzen habe ich die Pläne dieser
lenden Menschen nie gebilligt. „Die Flasche
enthält eine starke Dosis Opium,“ fuhr der
Arzt fort, „der Zweck, dem sie als Mittel
ziente, ist also klar.“
Hat man auch dem gnädigen Fräulein
eine solche Flasche zugedacht? fragte der Ver—
wvalter in fieberhafter Aufregung. Das Mäd⸗
hen nickte. J
Dann dürfen wir keine Secunde ver⸗
Gortsetzung.)
Still, flüsterte der Verwalter, der sofort
errieth, daß dieses Pochen mit den sauberen
Plänen seines Nebenbuhlers in Verbindung
stand, ich glaube, es ist besser, wenn die
Dienerschaft vermuthet, daß ich allein sei.
Treten Sie leise in jenes Zimmer, meine
Herren, und verhalten Sie sich ruhig, wir
werden ja bald wissen, wer noch so spät zu
mir will, und was den Betreffenden herbei⸗
führt. Der junge Mann warf nach diesen
Worten rasch Rock und Weste ab und öffnete
dann behutsam die Thür. Das Stubenmäd⸗
chen trat mit einem Lächeln auf den Lippen
ein. Sie trug auf einem silbernen Teller
eine Flasche Champagner und ein hobhes
—X
Diese Flasche schickke Ihnen das gnädige
Fräulein mit dem Wunsche, daß Sie dieselbe
auf ihr Wohl leeren mögen, sagte sie, wäh—⸗
cend sie näher trat. Jakob mrint, es sei ein
alter, schöner Wein, der schon seit fünfzig
Jahren im Keller liege, und er zweisle nicht,
daß Sie denselben ausgezeichnet finden wür—
den. Der junge Mann, weit entfernt, diese
Sendung mit den Plänen des Freiherrn in
Verbindung zu bringen, dankte und schon
wollte das Mädchen sich wieder entfernen,
als aus dem Nebenzimmer der Richter rasch
eintrat.