Full text: St. Ingberter Anzeiger

mer so geräuschvoll, daß der Schall das Ohr 
des an der Küchenthür horchenden Kammer⸗ 
dieners erre ichen mußte, und schlich sich nach 
einer ziemlich geraumen Weile vorsichtig und 
leise hinaus. 
Es geht ganz vortrefflich, sagte der Kam⸗ 
merdiener, vergnügt die Hände reibend; „Sie 
haben gesehen, welche Wirkung das Glas 
Champagner auf unsere Lina machte, und 
dürfen somit auch überzeugt sein, daß jetz! 
auch die Comtesse und der Verwalter im tie⸗ 
fen Schlafe ruhen werden. Wie ich diesen 
Menschen hasse! Seitdem er in's Haus ge⸗ 
kommen ist, haben wir keine frohe Stunde 
mehr gehabt, dieser Ueberall und Nirgendẽ 
sah und hörte Alles und benahm sich, als ob 
er allein hier zu commandiren habe. Ma, 
das Alles hat ja jetzt ein Ende,“ erwiderte 
die Köchin achselzuckend. 
Gott sei Dank, daß es endlich einmal 
ein Ende hat, fuhr der Rothkopf fort, er 
wird uns nicht mehr behelligen, in allen Fällen 
betommen wir unsere Pension und wie es 
nachher hier wird, kann uns nicht weiter 
kümmern. Aber einen Dentzettel hätte ich 
diesem arroganten Verwalter vor dem Schei⸗ 
den gern gegeben, wenn ich nur wüßte, wie 
Müßte ich nicht den Baron begleiten, wollte 
ich ihm schon in den nächsten Tagen das 
Leben sauer machen. — „Das dürfen wir 
nicht,* unterbrach die Köchin ihn ruhig. „Der 
Herr Baron hat streng befohlen, nichts gegen 
den Verwalter zu unternehmen, damit der 
Letztere keine Veranlassung finde die Comtesse 
aufzusuchen.“ 
Na, ewig kann er doch nicht hier bleiben! 
Freilich nicht; nach acht Tagen, wenn ich 
den Baron mit seiner Braut in Sicherheit 
weiß, werde ich diesem Herrn Verwalter schon 
zeigen, wo der Zimmermann das Loch ge⸗ 
lafsen hat. Wissen Sie, Jakob, was ich glaube? 
daß dieser studirte Herr von Habenichts hier 
sich in's gemachte Bett legen will.“ 
Oho; Sie wollen damit doch nicht sagen, 
daß er vor hat, die Comtesse zu heirathen? 
„Freilich, und Sie dürfen sich darauf ver⸗ 
lassen, daß ich mich nicht täuschte.“ 
Ah, dann ist es schade, daß der Baron 
nicht so lange wartet, bis dieser unberschämte 
Dummkopf sein Wort angebracht hat. Es 
wäre für uns eine famose Genugthuung, wenn 
er vor die Thür geworfen würde. „Ich fürchte 
nur, daß wir auf diese Genugthuung ver—⸗ 
geblich gewartet hätten.“ 
Der Kammerdiener blickte betroffen auf. 
Sie glauben doch nicht — „Daß die Com⸗ 
tesse seine Werbung angenommen hätte ? Wenn 
auch gerade nicht das, aber ich bin überzeugt, 
daß er ihr nicht gleichgültig ist.“ 
Na, gegen seine Verwaltung kann man 
freilich nichts einwenden, und die Conmitesse 
wird froh sein, einen so gewissenhaften und 
strengen Verwalter gefunden zu haben, aber 
— „vLieber Freund, ich habe scharf beobachtet 
und Manches gesehen und gehört, was —“ 
Still, hörten Sie nichts? unterbrach der 
Rothkopf die redselige Köchin. War's doch, 
als ob man die Thüte zum Park geöffnet 
hätte! „So gehen Sie und sehen Sie nach,“ 
sagte die Köchin, indem sie sich erhob, „ich 
merde inzwischen mich überzeugen, ob die 
Comtesse schläft.“ 
Fortsetzung folgt.) 
Mannigfaltiges. 
(Classisch.) Aus dem Aufenthalte 
des Königs von Griechenland in Wien erzählt 
die „Presse“: Als er während seiner Anwe— 
senheit in Wien ein Schriftstück nach Athen 
adressiren wollte und eben die ersten Zeilen 
begonnen hatte, unterbrach er sich plötzlich, um 
den Fürst Ypsilanti zu fragen: „Apropos, 
mein lieber Fürst, wie heißt den jetzt unser 
Minister des Auswärtigen?“ Und der Dip— 
lomat, ohne eine Miene zu verziehen, anl⸗ 
wortete ganz ehrerbietig: „Conguriotis, Ew. 
Maj.“ 
In Wien circulirt folgendes Scherzwort: 
„Die sämmtlichen Fehler des Feldmarschakl 
Benedek von 1866 sind jetzt durch Ga b— 
lenz glänzend gut gemacht, da Letzterer am 
16. Juni mit der siegreichen Armee in Berlin 
eingezogen ist.“ 
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Druck und Verlag von F. X. De u e in St. Ingbert.