Full text: St. Ingberter Anzeiger

Seite Amerika's gefochten und damit die alten 
Sünden wieder gut gemacht. Ja wohl, sein 
alter Haß gegen den Erbfeind kam der Union 
verkthätig zu Hülfe, aber für die Republik 
hätte Minister Vergennes keine Patrone ab— 
feuern lassen, hätten wir sie gegen einen an—⸗ 
dern Feind erobein und behaupten müssen als 
gerade England. Unter Ludwig XVI. Ver-⸗ 
dienst um Amerika, war nicht dieses nämliche 
Frankreich bereit es rückgängig zu machen, als 
es duldete, daß Louis Napoleon zu Gunsten 
der rebellischen Südstaaten auftrat?! Indem 
die deutschen Heere die siegreichen Schlachten 
für das eigene Land schlugen, vertraten fie 
die Nemesis der Geschichte für die Intervention 
in Mexico. 
Während des Unabhängigkeitskampfes ent⸗ 
sprach dieser militärischen Wechsel wirlung 
zwischen Deutschland und Amerika eine gauz 
ühnliche, die in dem jetzt beendigten deulsch⸗ 
jranzösischen Kriege wieder in vollem Glanze 
ju Tage trat. Es war der Flügel-Adjutant 
Friedrich des Großen, Wilhelm August v. 
Steuben, einer der Helden von Prag und 
stunersdorf, der Mann mit dem Königsblick, 
welcher der Kriegsminister der jungen Repu— 
blik nurde und ihrer Armee die Disciplin 
einflööte, welcher der Tapferkeit ihrer Solda⸗ 
ten auch Erfolg gab Es war General Put⸗ 
aam, der bei Erstürmung Stony Point mit 
dem Bajonett den Werth dieser Schule vor 
den Augen Amerika's darthat; es war ein 
bayreuthischer Lieutenant, der erstaunt auf 
diese zu tüchtigen Kriegern herangeschulten 
Provinzialen blickte und im Jahre 1807 diese 
Schöpfung Steubens auf Deutschland übertrug. 
Es war Gneisenau, der Vater der preuß. 
Langwehr, der Moltke der deutschen Befrei⸗ 
ungskriege. 
Und wie in der dunkelsten Stunde der 
Republik zu Falley, Forge bis zur Kapitula— 
tion bei Yorktown das deutsche Landvolk treu 
stand zur Fahne der Freiheit und Unabhäng⸗ 
jgkeit, so waren es Deutsche, die Seite an 
Seite mit ihren amerikanischen Mitbürgern 
die blutigen Schlachten des letzten Krieges 
durchkämpften und nach der Waffenstreckung 
von Appomator sieggekront zu ihren friedlichen 
Beschäftigungen zurückkehrten. Sie hatten die 
Sicherheit des hauslichen Heerds im Norden 
der Union und die Einheit des Heimathlandes 
vertheidigt und behauptet, gerade wie die 
iüngst heimgekehrten deutschen Heere im Kriege 
mit Frankreich. 
Aber nicht blos das Volk beider Staaten⸗ 
bünde in Waffen steht so in naher geschicht⸗ 
licher Beziehung zu einander, sondern noch 
weit mehr das Volk des Friedens. Von den 
Ufern des Hudson bis zum goldenen Thore 
San Francisko's, von der Halbmondstadt 
bis zu den Quellen des Mississippi wohnen 
Millionen Deutscher als gewerbsfleißige Bür⸗ 
ger der großen Republick. Die Staaten des 
Westen find ein kleines Deutschland; ihre 
Brafschaflen besäet mit Städten und Ortschuften 
deutschen Ursprungs, dicht besiedelt von Söhnen 
dieses Landes, deren politscher Einfluß ge⸗ 
waltig im Wachsen. Aber so ergebene, opfer⸗ 
bereite Bürger sie dem Lande ihrer Wahl, so 
treu und warm schlägt ihr Herz dem Mutter— 
lande, des Dichters Worie bewaͤhrend; 
„O Deutscher, deine Heimathlieb ist gleich, 
Dem Feuerwein, an Duft und Gluthen reich, 
Der, wenn er weiter Meere Bahn durchzog, 
Nur höh're Gluth und neue Würzen sog.“ 
(Schluß folgt.) 
Dovpel⸗Palindrom. 
Ich Er stes bin ein Haus, das ragt 
Rach unten mehr, als oben; 
Auch hab' ich, wie mein Kehrwort sagt, 
Schon Manchen aufgehoben. 
Ich Zweites bin die Stub' im Haus, 
Die einzige von allen; 
Auch geht mein Miethsmann niemals aus, 
Ihm scheint hier zu gefallen. 
Nach innen zwar ist ewig Licht 
Im Hause, wie im Zimmer, 
Der Außenseit' jedoch gebricht 
Es nicht an Licht und Schimmer. 
Ein „zrüner Blumengarten sprießt 
Aus dem, was Alee schrecket, 
Und wer das Zweite rückwärts lies't. 
Hat, was das Er ste decket. 
Auflösung der Charade in Nr. 84 des Unterhalt⸗ 
ungsblattes:,„Wieland.“ 
Druck und Verlag don F. X. Deren in St. Ingbert.