AUnterhaltungsblatt
zum
St. Ingberter Anzeiger.
Nr. 91. J Donnerstag, den 8. Augusi
—
Ein böses Gewissen.*
Novbelle
von Ewald August König.
diese Worte auf den Ackerer. Er warf den
grauen Kopf in die Höhe und richtete den
sürnenden Blick auf den Bürgermeister. „Ein
—AV
ernst, fast feierlich. „Sein ehrenfester Charak—⸗
ler, der jede unwürdige Handlung haßte,
vürde ihn stets, auch in Augenblicken der Ver—
weiflung vor solchem Verbrechen bewahrt
haben.“
(Fortsetzung.)
Des letzte Wort war seinen Lippen kaum
entflohen, ais der Bürgermeister in Begleitung
des Amtsboten und eines Chirurgen auf dem
Schauplatz der blutigen That erschien. Die
Niedergeschlagenheit, das verstörte Wesen des
Landmannes, der auf alle an ihn gerichteten
Fragen keine oder unzusammenhängende Ant⸗
worten gab, erregten den Verdacht des Bür⸗
germeisters, der in seiner früheren Stellung
als Assessor schon manchen Kriminalprozeß ge⸗
führt hatte. — Er ließ den Alten stehen und
degann die Erfüllung seiner Amispflicht damit,
daß er den Ort des Verbrechens einer genauen
Untersuchung unterwarf. Auf dem festen trockaen
Rasen war kein Eindruck einer Fußspur zu
finden. Ebensowenig ließ sich konstatiren, ob
dem Morde ein Kampf vorhergegangen war,
denn die Aleider des Todten waren weder
jerrissen, noch in Unordnung.
Der Chirurg gab nach Sondirung der
Wunde das Gulachten ab, daß eine Kugel
den Unglücklichen ins Herz getroffen und fast
augenblicklich getödtet habe. Neben der Leiche
fand man ein Pistol und ein Messer, adas
erstere dicht neben der krampfhaft giaausan
Kechten, und hieraus glaubte der Bürger⸗
meister auf die Vermuthung schließen zu kön—
nen, daß der Todte sich selbst entleibt habe.
Gleich einem elelktrischen Schlage wirkten
„So kanntet Ihr den Mann?“ fragte
der Bürgermeister, der fich immer hartnäckiger
einzureden suchte, daß sein alter Verdacht be⸗
gründet sei.
„Ich kannte ihn,“ fuhr Schulz mit ehr⸗
ichem Siolze fort, „laßt den Todten in
Fuer Haus bringen, dort will ich unter vier
Augen Euch seinen Namen nennen.“
Der Bürgermeistet übergab das Pistol
dem Amtsboten und warf einen Blick auf
das Messer. Es war ein großes, sogenanntes
Dolchmesser, dessen Klinge durch eine Feder
gehalten wurde, auf der Hornschale befand sich
ain silbernes Schildchen, in welches die Namen
„Eduard Schulz“ eingravirt waren. — Ein
Lächeln des Triumphs flog über die Lippen
—
ser ?* fragte er, dem Ackerer das corpus de⸗
licti vorhaltend.
„Ich schenkte es dem Todten, als er die
Heimath verließ,“ erwiederte Schulz unbefan⸗
gen, „daß er es von drüben mitbrachte, ist
dur ein Beweis, wie sehr sein Herz an mir
hing.“ 23* F
Der Bürgermeister steckte das Messer schwei⸗
gend in- die Tasche und befahl dem Amts⸗