immer nicht ganz bewältigt hatte, ließ sich
durch die ernsten Ermahnungen des Bürger—⸗
meisters zu sehr einschüchtern; mit dem Gerichts⸗
verfahren gänzlich unbekannt, glaubte er, auf
die Fragen des Richters nur solche Antworten
geben zu müssen, wie dieser sie ihm fast in
den Mund legte. So lautete denn seine zu
Protokoll gebracht Aussage, daß Schulz gleich
nach dem ersten Pochen schon am Feuster ge⸗
standen und herausgerufen habe, er, der
Schueider, solle doch nicht so sehr großen
Lärm machen, das Dorf stehe ja nicht in
Flammen, cuch sei es ihm aufgefallen, daß
der Ackerer sehr bleich ausgesehen und seine
Stimme geziltert habe.
Fortsetzung folgt.
Der Münzsammster.
(Staatsbztg..
Eine Novelle. J
— —— — — —
Gortsetzung.)
Nichts ist leichter; sie fand im Fisch den
Ring wieder, den sie in den Teich geworfen,
sagte der Assessor lachend.
„Nein, mein Freund, eine Gräte vom
Fisch hatte ihren kleinen Finger verwundet;
sie sah einige Tropfen Blut und wußte nicht
gleich, aus welcher unbedeutenden Wunde diese
herrührten.
„So fühlte auch ich, als ich zuerst die
Liebenden erblickte. Der Moment des Schmer⸗
zes ging schnell vorüber, gefaßt, trat ich dicht
an Beide heran; Maud erblickte mich zuerst
und riß sich fast gewaltsam aus den sie um⸗
schlingenden Armen meines Rivalen, als ich
sie ihm wieder zuführte.
„Ich nahm ihre Hand, legie sie in die
des ganz sprach⸗ und fassungslos Dastehenden
und sagte: „Bleibt nur zusammen, denn Ihr
scheint zusammenzugehören.“ Dann verließ ich
die Vestürzten und ließ mich bei der Tante
melden. Diese Frau that mir allein leid; sie
vbetheuert, an Maud's Treulosigkeit unschuldig
zu sein, obgleich der lange Officier ihr Sohn
sei. Mit thränenden Augen theilte sie mir
mit, daß sich die beiden Leutchen eigentlich
immer lieb gehabt hätten, aber da beide auch
gleich arm waren, konnte an eine Verbindung
zwischen ihnen nicht gedacht werden. Da lernte
Maud mich kennen, und mochte wohl instink⸗
tis gefühlt haben, daß es sich an der Seite
eines reichen Mannes besser lebe, als an dem
herzen des armen Geliebten, wo die Liebe,
wie man zu sagen pflegt, doch mit der Zeit
zum Fenster hinauefliegen müsse, und verlobte
sich mit mir; anders dachte der Sohn Al⸗
hions; er kam, bat, flehte, machte Vorwürfe,
drohte sich vor ihren Augen zu tödten. Nun,
und das war zu viel für das weiche Herz
einer Frau.
„Verurtheilen wir sie nicht; Maud hatte
Gefühl, sie konnte trösten, ihn küssen, mit ihm
lachen und weinen, dena ich war ja fern,
freilich, daß ich dazu kam, lag eigentlich nicht
in ihrer Berechnung. — Siehst Du, als ich
mir dessen klar war, fühlte ich mich auch be—
wogen, die jungen Leute glücklich zu machen.
„Der Onkel war ein biederer Mann und
liebte mich, beiläufig bemerkt, war er auch sehr
reich, und ich legte für seine Verwandten,
nachdem ich ihm so schonend wie möglich alles
rzählt hatte, ein gutes Wort ein. Es dauerte
aber lange, ehe sich seine Empörung, als er
alles wußte, legte. Er hatite mich mit echt
englischer Neigung in sein Herz geschlossen und
ich kindlich gefreut, mich durch Familienbande
näher an sich zu fesseln. In den ersten Tagen
vollte er weder Nichte noch Neffen sehen und
sprach sogar von Enterbung. Nach und nach,
in Folge meiner ununterbrochenen Fürbitte,
ließ er sich jedoch bewegen, den jungen Leu—
len zu verzeihen und ihnen eine kleine Be—
sttzung zu kaufen.
„Der launge Offizier sollte die Uniform
ausziehen, sich in einen praktischen Land⸗
wirth verwandeln — und dann Maud zum
Altar führen. J
„Als ich das mit vieler Mühe so weit
heim Onkel durchgesetzt hatte, reis'te ich ab.
Der biedere Mann schied fast mit Thränen
pon mir, und feierlich mußte ich ihm daß
Versprechen geben, sobald mich mein Weg
vieder nach England führe, sein Haus wie
das meines Vaters zu betrachten. Maud hatte
ch nach jener Stunde, wo ich die Liebenden
elauschte, nicht wiedergesehen, auch bei der
Trennung war sie nicht anwesend.“