Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Nun wohl, ich benutzte dieses Geld zum 
Ankaufen von Vieh,“ fuhr Schulz ruhig fort. 
„Ich hatte die kleine Summe in die Spar⸗ 
kasse gebracht, mit dem festen Vorsatz, sie 
meinem Pflegesohn oder dessen Vater einzu« 
händigen, da raffte eine Seuche mir ein 
Pferd und zwei Kühe fort, um sie zu ersetzen, 
benutzte ich die zweihundert Thaler, welche ich 
meinem Herrn zurückzahlen wollte, sobald ich 
ihm Rechnung ablegte.“ 
Und das Geld liegt zur Rückzahlung 
bereit ?“ I 
Es fehlen noch fünfzig Thaler an der 
Summe.“ 
Der Instruktionsrichter erhob sich. 
Konrad Schulz, ich verhafte Euch im 
Namen des Gesetzes, als der Ermordung des 
Kaufherrn Karl Krämer verdächtig!“ IJ 
Der , Ackerer, der auf solche Wendung nicht 
gefaßt war, sah dem Richter eine Weile stier 
in's Antlitz, dann brach er in ein bitleres 
Lachen aus. J 
„Mich, mich wollen sie verhaften?“ ricf 
er. Ich soll meinen Herrn gemordet haben?“ 
Fortsetzung folgtJ. 
—* 
— 
Der Münzsammter. 
(Staatsbztg... 307 
EWEine Novelle. 
(Gortsezungjj. 
Der Baron mußte lachen. „Ich könnie 
fast glauben, Ihr Beide hättet füreinonder 
Janz gut gepaßt. Mit Deinem Scherz, zu⸗ 
weilen auch beißenden Spott, hättest Du ihre 
Fehler so lange gegeißelt, bis sie diese aus 
A 
„Getroffen! Schade nur, daß Sir Ar— 
thur durch meinen Erziehungsplan einen Quer⸗ 
sttrich gemacht hat, sonst würden wir gleich 
nach England reisen und Du der Vermitt⸗ 
lser zwischen mir und der schönen Maud 
werden.“ — 
Der Baron sah schweigend aus dem 
Fenster. 
Felix fuhr fort. „So ließe sich das aller⸗ 
liebst arrangiren, ich würde der Gatte der 
schönen Maud und Dich könnte vielleicht jene 
kleine FJee beglücken, die Du heut so ritterlich 
den Braunen entrissen hast.“ 
Vielleicht!“ entgegnete der Baron sinnend. 
„Doch lassen wir diese Erinnerung. Sie 
sst mir entschwunden, ich werde sie nicht wie— 
dersehen. — Mithin ist der Zauber, in den 
mich ihr Anblick versetzte, als sie mir leise 
nit so lieblicher Stimme Dankesworte zuflü— 
sterte, gebrochen und beendel.“ 
Er stand auf und suchte seinen Hut. 
„Komm laß uns noch einen kleinen Spa⸗ 
ziergang in freier Luft machen! Inzwischen 
perabreden wir, in welcher Weise wir den 
heutigen Tag zubringen; doch zuerst muß ich 
aoch nach meinem Hotel zurück und Nachfrage 
halten, ob nicht Briefe für mich angekommen 
ind; ich - Merwarte Nachricht von meiner 
Mutter· 
Das soll alles geschehen; ich stelle wich 
heute ganz zu Deiner Verfügung; gebiete 
über Deinen Schatten,“ entgegnete Felix, 
und fuhr fort: „Doch halt! Ede wir diese 
Stätte verlassen, will ich zwar nicht Cupido, 
doch einen Kellner rufen, damit er mir zwei 
Briefmarken bringt, und ich unsere Briefe 
frei an die schöne Wera befördern kannz von 
da mag Amor seinen Lauf beginnen. Soll 
einer von uns der beglückte Sterbliche sein, 
dem der Lieblichen Huld lächelt, so könneu 
wir das schon in den nächsten Tagen er⸗ 
fahren.“ 
„Felix,“ entgegnete der Baron, nachdem 
der Freund wieder zu ihm zurückkehrte und 
die Marken, die er sich vom Kellner verschafft 
hatte, auf die Briefe klebte, „ich denke, Du 
zibst den, Scherz auf. Wenigstens laß meinen 
Brief zurückk “ 
„Verblendeter!“ rief der Assessor mit ge— 
sjobener Stimme, „willst Du die Gbiter ver⸗ 
uchen? Grade Dix Undankbarem kann Wera 
antworten.“ 
„Ich trage gar kein Verlangen danach.“ — 
„Dich wird sie sehen und sprechen wollen.“ 
„Ich werde ihrer Aufforderung nicht 
folgen r... 
„Warten wir's ab,“ entgegnete der Asses⸗ 
sor; „indeß thu' ich was meines Amtes ist.“ 
Mit den Worten klopfte er zur Be— 
kräftigung an die Tasche seines Roces, wo 
die Briese waren, und als sich beide wieder