hier Freunde oder Bekannte zu haben, und
ohne die Neigung, nicht einmal das Mitleid
meines Mannes zu besitzen. Für ihn bin ich
nichts als eine überflüssige Zugabe zu einem
zuten Geschäft, das et erhalten hat. Und ich
ann nichts ändern, da ich durch das Gesetz
jein Weib bin. Begreifen Sie nun, warum
ich das Inserat erließ?“ Damit habe ich
Ihnen in wenigen? Worten die Qual meines
debens mitgetheilt, und ein Mann wie Sie
wird mich verstehen. Leben Sie wohl! Lernen
Sie auf Ihrem Lebenswege einst Die kennen,
deren Herz Ihnen entgegenschlägt, o so halten
Sie dieselben in Ihren Urmen, suchen Sie
Ihres Weibes Glück, und Sie selbst werden
ts dann gefunden haben! Ein Weib kann
anter sorglicher Pflege wie eine schöne duft ige
Blume gedeihen. Allein wehe, wenn sie auf
jandigen Boden kommt, wo sich keine geschickte
Gärtnerhand ihrer annimmt! — Und ist
Ihnen dieses Glück geworden, was ich von
zanzer Seele wünsche, dann erinnern Sie sich
meiner, die ich, an Liebe darbend, wohl bald
ein Grab finden werde.“
Als Leonie diese letzten Zeilen schrieb,
sah Sie nicht, daß ihre Thränen fast die
Buchstaben wieder auslöschten; aber sie vollen⸗
zete ihr Werk mit fester Hand. Und von der
Minute, wo das gethan war, kam sie sich auch
wie verstorben vour.
Diesen Brief empfing der Baron am
aächsten Tage, wo er aber erst spät am Abend
nach Hause kam.
Felix hatte dem aufwartenden Aellner des
Freundes den. Auftrag gegeben, Nachfrage auf
der Post nach Briefen unter bezeichneter Adresse
zu halten, da er selbst, mit den Vorbereitungen
der projectirten Reise beschäftigt, zu dem Weg
nicht Zeit behielt. Er hatte von seinem Chef
Urlaub erhalten, und nach Verabredung sollte
er morgen schon abreisen. Darum hatten die
Freunde das Zusammensein des letzten Abends
so viel wie möglich auszudehnen gesucht.
Ermüdet betrat der Baron dann, als sie
sich getrennt, sein Hotel, und, schon im Be⸗
zriff, nach seinem Schlafzimmer zu gehen,
oͤlidte sein Auge unwillkührlich nach dem Tische,
wo der Brief lag.
Druck und Verlag von F. X. Demnetz in St. Ingbert.
„Alss doch,“ lächelte er zerstreut, nahm
den Brief und las die Adressfsf.—
— „Hm — die Hand ist zierlich, wenn
uuch ein wenig zikternd. Wie hübsch sie das
A mit dem Reuverschlungen hat. Darum sei
es, wie langweilig auch der Inhalt sich ent⸗
rosse; ich will die Lectüre noch vor dem
Einschlafen vornehmen. Schade nur, daß Felix
nicht dabei ist ß *
(Fortsetzung folgt,.... 5—
Mannigfaltiges.
(„Alter schützt vor Thorheit nicht!“) Ein
Pittsburger Blatt erzählt: „John Smith“
— wir nennen den Helden unserer Erzählung
mit diesem nicht wehr ungewöhnlichen klas—
sischen Namen — ist ein sehr wohlhabender
und sehr angesehener Bürger der 12. Ward.
Er besitzt ein Alter von 80 Jahren, ein Ver⸗
mögen von 100,000 D. und zahlreiche Kin⸗
deskinder. Seine erste Frau ist todt, und der
Alte, in welchem noch stellenweise das Feuer
der Jaugend, natürlich als reine Flamme der
Tugend, brennt, fühlte sich einsam, bis er
in dem Hause eines Freundes den dienenden
Geist in der Gestalt eines hübschen Mägd⸗
leins von zwanzig Sommern kennen lernte,
Kate Brown“ heißt coder vielmehr hieß die
Kleine und stammt aus Lancaster County.
Er kam, er sah und liebte. Er liebte stürmisch
und die kleine Wetterhexe ergab sich in ihr
Schicksal und ward vergangene Woche Frau
Smith senr. mit 20,000 D. Brautbrief.
Man kann sich leicht ausmalen, welch' ein
bewegtes Familienbild die Kinder und Kindes-
kinder augenblicklich darbieten. Aber der Alte
ist ganz glücklich. Honigmond, wie bist du
jüß, wenn der Muth in der Brust die Spann⸗
kraft übt bei cinem Alter von 80 Jahren.“
¶ Das neue Maß), meinte neulich ein Spaß⸗
pogel, „wird unser Volk sicher noch zu Grunde
richten, denn bis jetzt lebte es mäßig; in
Zukunft aber wird es literlbich werden.“