Maud that bei seinem Anblick einen leisen
Schrei, während Purpur ihre Wange färbte.
„Maud!“ rief der Assessor, die Geliebre
umfassend. „willft Du mir das süße Geständ⸗
niß wiederholen? Nein, nein, nicht die Ar—
müth, aber das Glück sollst Du mit Deinem
Felix iheilen.“ —
Der Anblick der Liebenden, die gauz in
ich versunken standen, fing an, dem Baron
wehe zu thun.
Mit tiefem, bitterm Schmerz dachte er
daran, daß ihm ein solches Glück durch Leonie
nicht werden sollte. Er rief fich wieder ihre
älte und ihr Lebewohl zurück. und dabei
schien ihm fast das Glück des Freundes eine
Verspotiung seines Kummers zu sein.
Leise öffnete er die Thür und ging hin⸗
aus, um die in sich Versunkenen nicht zu
tören. Doch er kannte des Freundes Herz
nicht ganz. Felix fühlte tief für seine Maud
und war wirklich selig, daß er sich nicht in
ihr getäuscht; aber selbst in diesem ernsten
Rausch, worein ihn ihr Geständniß versetzte,
bergaß er den Freund nicht, der ihm neben
feinem Mädchen der liebste auf der Welt
war. Was er für dessen Kummer zu thun
deschloß, und wie er Ptaud in seine Plaͤne
einweihte, soll die nächste Begebenheit bringen.
Es war Sonntag und das Wetter herrlich.
Die Menschen eillen in ihren Festkleidern
fröhlich und munter durch die Straßen, Kin⸗
der spielten und jubelten, und einzelne dieser
Toͤne drangen bis in das Zimmer der blei
chen, einsamen Leonie, die matt auf einem
—AI und Gefühl schien nicht
mehr in ihr zu wohnen.
Seit der Stunde, wo sie nach dem bittern
Abschied des Barons ohnmächtig geworden
var und mit dem Bewußtsein erwachte: Jetzt
wirst Du ihn nicht wiedersehen, jetzt wird er
die Erinnerung an Dich mit der Wurzel aus
seinem Herzen reißen, — seitdem war ihre
Gesundheit erschüttert. Ihr Ausfehen begann
so elend zu werden, daß dieses selbst Willrich
ruffiel und er sie fragte, ob er den Arzt solle
kommen lassen. Sie antwortete verneinend,
jagte ihm, es sei eine Krauktheit, die so vor⸗
iͤbergehe und zu der nur Ruhe nothwendig
väre. Diese Antwort genügte dem Gatten
vollkommen; denn Ruhe sollte sie von seiner
Seite zur genüge haben. — —
War er zu Hause, so saß er in seinem
2Zabinet bei seinen Münzen, und die andre
Zeit brachte er auf seinem Vureau zu; er
war Registrator und nebenbei für Fremde,
die irgend ein Anliegen an ihn hatten, der
zefälligste Mann. Unter diesem Namen war
er überall bekannt; keiner wußte, welch ein
rauher Kern in dieser glatten Hülle war.
Aber Leonie verlangte auch nichts weiter,
als daß sie ihren Mann nicht sah; sein An—
hlick vermehrte nur ihre Qualen, riß immer
vieder die Wunde auf, daß sie um einen
olchen Mann ihr junges Leben hinopfern
nüsse. Denn von dem einen glaubte sie fest
ind sicher überzeugt zu sein, daß sie auf
Erden nicht mehr lange athmen werde. Sol⸗
hem Ermatten, solchem langsamen Hinwelken
war ja auch ihre Mutter erlegen; konnte es
mit der Tochter anders kommen?
In diesem Glauben erwartete sie den Tod
nit Resignation; aber als jetzt die Jubel⸗
öne der Kinder zu ihr hinaufdrangen, seufzte
ie schmerzlich.
‚Wie sie sich ihres Daseins freuen! Glück—
liche Kindheit, wie schnell bist du mir ent—
schwunden! —O Tod, warum nahmst Du mich
aicht in diesem zarten Alter von hinnen, warum
jetzt in diesem Kampf ? — Seiner Nähe lonnte
ch entsagen, — doch diesem Herzen kann ich
nicht gebieten, daß es sein Bild daraus ver⸗
hanne. Ach, Alexander, wäre es mir nur ver⸗
zönnt, Dir dies ein einzig Mal zu sagen!“ —
Fortsetzung folgt.)
Räthsel.
Behobelt, zersägt und gespalten,
Zerstückelt, zusammen geklebt,
Zerstört von des Todes Gewalten
Und technisch von neuem belebt,
Erschließ' ich das Walten der Geister
In jeder empfänglichen Brust,
Und stets war geachtet der Meister,
Der mich zu beherrschen gewußt.
Auflosung des Logogryphs in Nr. 101 des Unter—
haltnnasblattes: „Jugen dal ter.“
Druck und Verlag von F. X. Demes in St. Ingbert.