AUnterhaltungsblatt
um
St. Ingberter Anzeiger.
XE. 106. — Donnerstag, den 7. Serretuber J 1I8I.
Ein böses Gewissen.“
Novelle
von Ewald August König.
— — —
Fortsetzung.)
5. Kapitel.
So viele Muühe der Instruktionsrichter
sich auch gab, die Schuld des Gefangenen
außer allen Zweifel zu setzen, wollte es ihm
doch nicht gelingen, weitere Beweise gegen
Schulz zu finden.
Der Frühling war darüber verstrichen, die
warme Juli⸗Sonne reifte schon das Korn und
noch immer saß der Ackerer in seiner Zelle,
dem Tage der Gerichtssitzung, welche im Herbst
tattfinden sollte, mit ruhigem Gewissen ent⸗
gegensehend. Er hatte durch seine Frau er⸗
sahren, daß Gottfried verhaftet und wegen
Mißhandlung des Bürgermeisters zu zwei
Monaten Gefängniß verurtheilt worden war.
Er sah hierin nur eine kleinliche Rache
Weiterau's, daß jener ein Interesse haben
könne, sich in den Besitz des Dokuments zu
setzen, dachte er nicht.
Ein heißer Sommertag neigte sich seinem
Ende zu, als Gottfried seiner Haft entlassen
vurde. Er hatte viele Pläne zur Wiederer⸗
angung des Dokuments entworfen und wollte
juvor nur noch den Rath des Vaters hören,
um dann unverzüglich die Ausführung eines
dieser Pläne zu unternehmen. Der Alkerer
jaß in Untersuchungsarrest, es hielt dem
Sohne schwer, zu ihm zu gelangen, denn die
Vorschriften waren in dieser Beziehung streng.
Aber ein gutes Trinkgeld, welches der junge
Mann dem Schließer in die Hand drückte,
öffnete ihm die Thür.
Der alte Mann saß am Tisch, das graue
Haupt auf die Hand gestützt und in tiefes
Sinnen versunken. Er sah nicht auf, als die
Thür seiner Zelle geöffnet wurde, erst die
Stimme seines Sohnes weckte ihn aus seinen
Sedanken.
„Gott sei Dank, daß Du endlich wieder
da bist,“ sagle er, indem er dem Sohne die
Hand reichte, „mir fällt bei Deinem Aublick
ine Last vom Herzen. Die Mutter liegt zu
Hause krank, ich muß hier hinter Schlok und
Riegel sitzen, dabei geht drüben auf unserm
Bute Auͤes drunter und drüber. Aber Du
virst wohl wieder Ordnung hineinbringen, im
Herbst komme ich selbst heim.“
„Vater,“ unterbrach der junge Mann
ihn schmerzlich, „glaubst Du wirklich, daß sie
Dich freisprechen ?
Glaubst Du es nicht ?? fuhr der Alte
mit heiterer Ruhe fort. „Zeugt nicht Alles für
meine Unschuld du
„O Jott, daß ich ihm diese Ruhe rau⸗
ben muß!“ murmelte Gottfried leise vor sich
hin. „Aber kann ich anders? Darf ich ihn
zet seinem Glauben lassen, der ihn ganz
davon abhält, an feine Vertheidigung zu
denken ?*
Na, so sprich doch, wenn Du etwas
auf dem Herzen hast,“ nahm der Alkerer
unwillig das Wort. „Steht's etwa schlimmer
mit mir, als jch glaube 7“
„Ja, das thut's,“ versehte Goltfried.