Full text: St. Ingberter Anzeiger

Maud hielt inne: sie wußte nicht gleich, 
wie sie Wahrheit und Dichtung vereinen sollte. — 
Dann schien ihr plötzlich etwas einzuleuchten; 
sie fuhr fort: 
„Hören Sie mich an, Leonie, ich will 
Ihnen eine vollständige Beichte von meinem 
Leben ablegen!“ und sie begann ohne Rück; 
halt zu erzählen. Von ihrer Neigung zu Ar— 
thur, von der Verlobung und Trennung des 
Barons, schonte sich dabei nicht, aber ver⸗ 
schwieg noch den Namen des Barons; doch 
bekannte sie offen, daß sie, wenn sie Felix 
nicht Lennen und lieben gelernt, es wohl nicht 
ungern gesehen hätte, wenn der Baron sich 
ihr wieder genähert, woran sie zwar sehr ge⸗ 
zweifelt, da der Charakter des ehemaligen 
XE 
dennoch der Hoffnung hingegeben, weil der 
Onkel so bestimmt darüber gesprochen und 
die alte Baronin so zuversichtig gewesen wäre; 
so fuhr sie fort: 
„Wie anders ward das aber, als Felix 
kam. — Und nun denken Sie, liebe Leonie: 
in derselbe Stunde, als Felix im Begriff 
ist, dem Freunde sein Herz auszuschütten, 
kommt Baron Alexander — ihm zuvor; sagt, 
daß er den Wünschen seiner Mutter nach 
lommen wolle, uud sich mit mir zu vermäh⸗ 
len gedenke.“ 
Leonie war bei dem Namen Alexan der 
zusammengezuckt. Röthe und Blässe wechselten 
auf ihrem Gesicht. 
„Sie vergaßen mir den Namen des 
Barons zu nennen. Haben Sie Grund, ihn 
zu verschweigen?“ fragte sie bebend. 
Maud that, als bemerkte sie der Freun⸗ 
din Aufregung nicht, und entgegnete unbe⸗ 
fangen: „Durchaus nicht. Nannte ich nicht 
Barou Alexander von Roda?“ 
„O Gott!“ stöhnte Leonie und fiel in 
die Kissen zurück. 
Schnell unterstüßte fie Maud. 
Leonie, was fehlt Ihnen. Geben Sie 
mir zu Liebe meinen Bitten nach, lassen Sie 
mich das Mädchen rusen und eß nach dem 
Urzie senden, den ich Ihnen vorgeschlagen 7?“ 
Die junge Frau suchte sich zu fassen. 
„Nein, rufen Sie Niemand. — Es ist ein 
kleiner Anfali, mit dem ich schon vertraut bin; — 
er ist auch schon vorüber. Erzählen Sie wei— 
ter! Baron Alexander liebt Sie jetzt 9 
Fortsetzung folgt.) 
„Den 2. September 1871.“ 
Erinnerung 
an 
Ein Jahr ist nun dahin im Lauf der Zeiten, 
Seid Ihr bei Sedan habt die blut'ge Schlacht 
geschlagen; 
Auch bei Bazeilles galt es ein heft'ges Streiten, 
War einer von den allerheiß'sten Tagen. 
Die Chassepots, dazu die Kugelspritzen, 
Sie konnten Euch ja gar nicht mehr erschrecken, 
Auch den Franzosen sollten sie nichts nützen, 
Ihr ganzes Heer muß dort die Waffen strecken. 
„Napoleon gefangen“! Durch die Glieder 
Töͤnt dieser Ruf; „er ist in unsern Händen,“ 
Aus tausend Männerherzen hallt es wieder: 
„Nun muß der blut'ge Krieg sich doch bald enden.“ 
Doch anders war vom Schichsal es beschlossen: 
Der blut'ge Krieg sollt' noch viel länger währen, 
Und viel des Heldenbluts ward noch vergossen, 
Bis er geendet war zu VDertshtaunn Ai und 
ren. 
Ihr Alle, die Ihr frohen Muths gestritten, 
Für's Vaterland habt Gut und Blut gegeben 
Und für dasselbe habt den Tod erlitten, 
Ihr sollt' in stetem Angedenken leben. 
Und Ihr, die aus dem blut'gen Schlachtgewuhle 
Sind heimgekehrt in uns're trauten Kreise, 
Nehmt von des Sängers dankbarem Gefühle 
Dies Lied zu Eures Heldenmuthes Preise. 
Mannigfaltiges. 
Das Telegraphennetz rings um die Erde 
ist nahezu vollenudet. Während des Monats 
August wird Shanghai in China mit Japan 
und der nördlichen Station in Sibirien in 
Verbindung gebracht sein; im Novenber wird 
sodann das Cabel zwischen Singapore und 
Australien gelegt werden, und es fehlt dann 
noch das Schlußglied von Japan nach Cali⸗ 
fornien, um das Neßt zu vervollstäundigen. 
A——— 
Drudh und Verlag don F. X. Deinez in St. Ingbert.