Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Münzsammser. 
Staatsbztg.) 
Eine Novelle. * * 
Gortsetzung.) 
„Ganz und gar nicht, liebe Leonie. Ich 
glaube, ich bin ihm die gleichgültigste Person 
von der Welt,“ nahm Maud ihtre Erzählung 
wieder auf, da die junge Frau jetzt ruhi⸗ 
ger schien. 
„Felix vertraute mir, nun Sie können 
es ja nicht wiedersagen; Sie kennen ja Nie— 
mand — also mein Felix vertraute mir, 
daß der arme Baron eine unglückliche Liebe 
im Herzen trage, und daß er sich nur an eine 
Andere binden will, um durch die Pflicht 
diese Liebe zu bekämpfen.“ —J 
„O dieser Unglückliche, welch ein Elend 
will er da über sich herauf beschwören! 
Hatte er eine Ahnung, welch einen Kampf 
dus fordert, zwischen Pflicht und Liebe fest⸗ 
zustehen Aber Sie, Maud, Sie werden seine 
Hand nicht annehmen — Sie werden Sie 
ihm verweigern, um den Mann Ihrer Liebe 
nicht unglücklich zu machen ?!“ 
Ich werde mich weigern; Ich werde es 
an Bitten, an Thränen nicht fehlen lassen. 
Aber wird es mir helfen ? Ich stehe nuter 
Vormundschaft meines Onkels — und Felix 
dann nichts thun; seine Stellung ist noch un— 
sicher, er selbst wird fich fügen.“ — 
„Und das nennt Ihr Liebe, wenn einer 
den Andern so keicht aufgeben kann ? Sprecht 
doch dieses Wort nicht aus, Ihr kennt die 
Liebe nicht!“ rief Leonie mit flammendem 
Blick. „Kämpfet für Euren Besitz und bewahrt 
ihn, den Verdlendeten, vor dem bodenlosen 
Abgrund eines solchen Daseins!“ 
„Das wird unmöglich sein,“ entgegnete 
Maud. „Leonie, Sie wissen von dem eisernen 
Karalter dieses Mannes nichts. Felix sagt, 
— 
daß dieser nie von seinen Entschlüssen weicht. 
So wie er nur lieben oder hassen kann, so 
wird er auch an der Wunde seines Herz eus 
verbluten.“ 
Leonie lag wieder so bleich, so unbeweg⸗ 
lich da, als wohne kein Tropfen Blut mehr 
in ihren Adern; aber das war nur Schein; 
in ihrer Brust glühte und hämmerte es. 
Arme Maud!“ sagte sie, mit Selbstbe⸗ 
herrschung ihre Stimme zur Ruhe zwingend, 
„das ist sehr traurig. Wüßte ich nur, wie 
ch dieses drohende Urtheil von seinem —. 
von Ihrem Haupte abwenden könnte Doch 
derlieren wir den Muth micht! Erklären Sie 
dem Baron offen ihre Liebe. Er ist — wird 
edel sein und nicht einen Besiß erzwingen, 
auf den ein Anderer größere Rechte ha 
„Das denke ich auch, doch daß wird 
den Baron nicht hindern, dann eine Andere 
zu nehmen, an deren Seite er ein einsamet 
Mann bleibt. 
„Sie meinen — ?e 
„Daß⸗er von seinen Entschlüfsen nicht 
weichen wird. — Doch, gute Leonie, wie 
bin ich selbstsüchtig. Ich habe Sie ja mit 
der Mitiheilung meines Hummers so qufge⸗ 
regt, und kam mit der besten Absicht her, ie 
aufzuheitern. Mit unserm Spaziergang wird 
es nichts?“ M 
Leonie schüttelte ihr Haupt. 
„Nein. Um aber nicht undankbar zu sein, 
meine Freundin,“ sagte sie, von einem plöztz⸗ 
litzen Entschluß bewegt, „will ich den Arzt 
prechen, den Sie mir empfohlen·“ 
„Leonie!“!“! 
Maud küßle die junge Frau, um ihren 
Jubel zu unterdrücken. Feliz hatte gesagl, daß 
es so kommen würde. Und er selbst wollie ja 
der Arzt der schönen Kranken sein. — 
O, Maud war nicht eifersüchtig auf diese 
Patientin, hier hatte ja Jeder das Herz 
ooll. — Es galt nur, Altxander und Leonie 
glücklich zu machen. · — 
Und ganz vom Verlangen erfüllt, die gute 
Nachricht den harrenden Freunden schnell zu 
überbringen, die sie von einem Besuch bei 
Lesnie immer wie einen Voten empfingen, 
agte sie der Freundin hastig Lebewohl, vor⸗ 
gebend, nicht zu fäumen, damit sie den Arzt 
gleich senden könne. 
—A — klopfte es wieder 
an Leoniens Thür; sie war noch immer al— 
lein, noch hatte sich Willeich nicht sehen lassen, 
Der lustige Rssessor stand vor Leonie, die ihn 
boll Unruhe schon erwartet hatte und jetzt 
auf einem Sessel saß. 
Doch stand er einige Minuten, betroffen 
von Leoniens Erscheinung da. Sie war sehr