uchte er nach Mitteln, ihr den Kampf zwi⸗
schen Pflicht und Liebe zu eineuern und sie
sur Entsagung zu bringen? Hatte er Willrich
auf seine Kälie zu ihr aufmerksam gemacht,
daß diefer jetzt alles nachzuholen fuchte, gut
nachen wollte, sie vielleicht jetzt liebte? —
Huh! — bei diesem Schluß schauderte sie.
Und dann kamen ihr wieder des Geliebten
Worte in's Gedächtniß und ihre eigene Ver⸗
sicherung, nie an ihm zu zweifeln. Sie kämpfte auch
dagegen, aber sie litt unaussprechlich; indeß, bald
sollte fie den Grund ihrer neuen Qual Serfahren.
Eines Abends kam sie mit Willrich aus
der Oper; sie wollte sich nach dem Thee in
ihr Zimmer zurückziehen, als Willrich sie
mit Liebkssungen zurückhielt. Er lobte ihren
ichönen Hals und behauptete, es gebe keinen
schöneren auf der ganzen Welt.
„Leonie,“ fuhr er dann fort, „aber diese
Medaille paßt nicht zu dem schönen Nacken.
Sieh,“ sagte er und zog ein Schmuckkästcheu
hervor, „ich habe Dir ein Collier gekauft;
wir wollen doch gleich einmal sehen, ob dieses zu
der Zartheit Deines Halses nicht besser passe.“
„Du bist sehr aufmerksam, aber ich muß
Dir diesmal undankbar erscheinen. Du weißt,
daß ich seit dem Tode meiner lieben Mutter
immer nur diese Medaille trug, die ich auch
jetzt mit keinem Co llier von Diamanten ver⸗
tauscheun würde,“ entgegnete sie.
„Aber ich, Dein Mann, wünsche es?“
‚Ich bin gezwungen, Dir diesen Wunsch
zu derweigern.“
„Nun, so werde ich befehlen!“ rief er,
seine Rolle vergefsend, im früheren alten Tone.
„Und ich werde nicht gehorchen,“ entgeg⸗
nete sie fest.
Wie, Du wagst —?
„Deinem Befehl zu trotzen!“ fiel sie im
selben Tone ein. (Schluß f.)
Deutsches Eisenbahnlied.
Nach der Melodie des Wald- und Räuberliedes;
für Reisestimmen.)
g gibt kein schöner Leben.
Als Touristenleben
Auf der biedern deutschen Eisenbahn,
Wo Singnale klingen
Und die Kessel springen
Und der Unfall nie ein leerer Wahn.
Wo der Wechselstelle
Schmunzelnd sieben Heller
Jährlich netto zieht als Reingewinnst,
Und dafür behäglich
Bar nichts thut, als täglich
Zweimal vierundzwanzig Stunden Dienst.
Sellt er falsch die We'che,
Sind wir sämmtlich Leiche:
„Ja, wer niemals setzt das Leben ein —
Sagt schon unser Schiller
Im Begeistrungs⸗Triller —
.„Dem wird niemals es gewonnen sein!“
Rein drumm in's Vergnügen!
Schlürft's in vollen Zügen —
Doch zuvor macht Euer Testament;
Ist der Zug im Gange,
Dauert's gar nicht lange,
Heißt's: Hurrah, die Wagenachse brennt!
Dann am Abend munter
Stürzt den Damm hinunter
Urgemüthlich das Lokomotiv.
Wo an schmaler Stelle
Banz verfault die Schwelle
And die Schiene bucklig, krumm und schief.
Sind wir dort vom Flecke,
Rutscht uns um die Ecke
dei! der Güterzug entgegen schon:
Feige Seelen zittern,
Brett und Balken splittern
Und errungen ist die Contusson!
Spürft du heftig Schwanken,
Wie auf Seeschiffs-Planken,
Dann, ich wetie! ist der Train entgleist;
Lenn manch alter Wagen
Kann es nicht vertragen
Wenn man im Galopp ihn vorwäris reißt!
Im Stationsgebäude
Blüht oft auch noch Freude,
Wenn von alldem dir noch Nichts geglückt;
Denn ohn' viele Worte
Vom gewissen Orte
Kommst du fort nur sicher halb erstickt.
Sind geknickt die Knochen,
Ist dein Hals gebrochen,
Armer Reisemensch, was willst Du mehr?
Freue dich am Ende,
Denn die Dividende
Wächst ja durch Ersparniß mehr und mehr.
Drum: kein schöner Leben,
Als Touriste nleben
Auf der sichern deutschen Eisenbahn.
Ruft's durch alle Zonen:
zo die Direktionen, W
ie des Guten schon zu viel gethan!
......
Druck und Verlag von J. XR. Demetz in St. Ingbert.