Unterhaltungsblatt
St. Ingberter Anzeigér—
—— * Donnerstag, den 21. Zeptember ——— 1.
Ein böses Gewissen.“
— J Novelle 9 * e —
von Ewald August König.
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Ggortsetzung.
Der Rentner mochte Gründe haben, den
Vagabunden von diesem Vorhaben abzuhalten;
las Schmelzer den Akt, so stellte er vielleicht
ebenso übertriebene Forderungen, wie Wetterau
sie gestellt hatte. Er hielt den. Vagabunden
am Arme zurück und erklärte sich bereit, die
fünfzig Louisd'or zu zahlen, unter der Be—
dingung jedoch, daß Schmelzer sich sofort
über die Grenze begebe. .
Der Letztere wollte von dieser Bedingung
nichts wissen; er werde abreisen, so bald es
ihm Zeit dünke, erwiderte er, doch solle diese
Abreise sich so lange nicht mehr hinaus⸗
schieben. W
Krämer, als er einsah, daß seine Vor—
stellungen nichts fruchteten, zahlte endlich das
Geld und nahm dafür den Alkt in Empfang.
Nachdem er sich überzeugt hatte, daß dieses
Papier das richtige Originaldokument war,
schloß er es in seine Schatulle, und ersuchte
dann den Vagabunden, sich zu entfernen.
„Wir sind jetzt geschiedene Leute,“ sagte er,
„Ihr habt in meiner Wohnung nichts mehr
zu suchen und ich ralthe Euch, mir fern zu
bleiben, denn “ —
„Der Mohr hat seine Schul⸗
digkeit gethan, der Mohr kann
gehen!“ rezitirte Schmelzer, indem er die
Müutze auf den Kopf setzte. „Das alte Sprich⸗
wort, — na, wir werden ja sehen, wie lange
es bei uns Stich hält. Ihr habt mich doch
noch einmal nöthig, deßhalb bleibe ich noch
einige Tage hier“
Als der Schurke sich entfernt hatte, lauschte
der Rentner einen Augenblick an der Thür
des Nebenzimmers, und ein Lächeln der Be⸗
friedigung glitt über seine Züge,“ als er kein
Beräusch in der Stube vernahm. *
Mathilde schlief noch. Erschöpft durch die
Aufreguug und Angst hatte sie gleich nach
der Ankunft im Gasthofe sich ins Bett gelegt
und war auch nach wenigen Minuten ruhig
und fest eingeschlafen.
Krämer schellte und begehrte das Früh
stück. Nachdem er dasselbe eingenommen hatte,
ging er hinaus, um eine neue Wohnung zu
miethen. Er bemerkte nicht, daß, als er auf
die Straße trat, ein Mann hinter einem
Mauervorsprung ihn beobachtete, der, nachdem
der Rentner hinter der nächsten Ecke ver⸗
schwunden war, sich rasch in den Gast⸗
hof schlich.
Dieser Mann war kein Anderor, als
Schmelzer, der jetzt mit der Behendigkeit einer
Katze die Treppe hinauf schlich, vor der Thür
des Zimmers, welches Krämer.bewohnte, einen
Dietrich aus der Tasche zog, öffnete und
dann eintratt.
Auch er lauschte an der Thür des Neben⸗
zimmers, auch über seine Züge glitt ein Lä⸗
cheln der Befriedigung, sein scharfes Ohr
vernahm drinnen leise Tritte. J
Er trat rasch zurück, und setzte sich in
einen Armsessel, den Blick unverwandt auf die