Full text: St. Ingberter Anzeiger

nisse der verwichenen Nacht, die uns manches 
Räthsel enthüllen, Bericht erstatte, sagen Sie 
mir, ob man mich wirklich in Verdacht hat 
und worauf dieser Verdacht sich stützt.“ 
„Die Sache ist einfach“, entgegnete der 
Advotat. „Eine Frau aus Ihrem Dorfe hat 
Sie heute Morgen in aller Frühe gesehen, 
und zwar gerade in dem Augenblick, in wel 
chem Sie das Haus des Bürgermeisters ver⸗ 
ließen. Neugierig, was zu so früher Stunde 
Sie zu Wetterau führen könne, näherte sie 
sich dem Hause. Sie fand die Thür offen, 
ging hinauf sah den Bürgermeister erdrosselt 
im Bette liegen und behauptete, als auf ihr 
Geschrei die Leute herbeieilten, Sie seien der 
Mörder. An Gründen, welche diese Behaup⸗ 
iung wahrscheinlich machen, fehlt es nicht“ — 
„Schon gut,“ fiel Gotifried ihm in's 
Wort. „Sie werden diesen Verdacht unbe— 
gründet finden, sobald Sie mich angehört 
haben.“ 
Er berichtete jetzt sen Zusammentreffen 
mit dem Vagabunden, wiederholte die Worie 
desselben, wie sie ihm im Gedächtniß geblieben 
waren, und erklärte hieraus den Grund seiner 
Abwesenheit in dem Hause des Bürger⸗ 
meisters. 
Der Advokat hatte, während Gottfried 
sprach, einige Notizen gemacht. 
„Würden Sie jenen Menschen wieder er⸗ 
kennen ?“ fragte er jetzt. 
„Ganz gewiß.“ —F 
Auch wenn er die Kleider g ewech⸗ 
selt hat?“ 
„Auch dann. Seine Züge, wie der Ton 
seiner Stimme haben sich mit meinem Ge⸗ 
dächtniß so tief eingeprägt, daß ich sie sobald 
nicht wieder vergessen werde. 
„So lassen Sie uns ungesäumt ans Werk 
schreiten“ fuhr Schacht fort, indem er die 
Schelle zog. „Es unterliegt keinem Zweifel, 
daß jener Vagabund heute Morgen in die 
Stadt zurückgekehrt istt, um dem Rentner 
Bericht abzustatten, wir müssen suchen, ihn 
ausfindig zu machen. Rufen Sie augenblicklich 
den Polizeikommissar Schmidt,“ wandte er 
fich zu dem eintretenden Schreiber, „sagen 
Sie ihm, ich müsse in einer wichtigen und 
dringenden Angelegenheit mit ihm reden. — 
Er kennt die Kneipen und Schlupfwinkel jener 
Schurken,“ fuhr er fort, als der Schreiber 
ich entfernt hatte, „wenn er uns begleitet, 
)ürfen wir fast mit Gewißheit darauf rechnen, 
hdaß wir unsern Mann finden.“ 
So gerue Gotifried vorher noch seinen 
Bater besucht hätte, blieb ihm doch nicht 
Zeit dazu, er sah wohl ein, daß kein Augen⸗ 
olick zu verlieren war, wenn die Verfolgung 
des Vagabunden zu' dem gewünschten Resultat 
ühren sollto. 
Der Kommissar ließ nicht lange auf sich 
varten, Schacht weihte ihn mit wenigen 
Worten in die Sachlage ein, verschwieg aber 
abei, daß der Mörder Weiterau's auch im 
Verdacht stehe, Krämer gemordet zu haben. 
Der Beamte kannte den Menschen nicht, 
er erinnerte sich wohl, ihm vor Wochen ein⸗ 
nal begegnet zu sein, wußte aber über seinen 
stamen und Aufenthaltsort nichts Räheres 
anzugeben. — 
Der Kommissar vertauschte seine Uniform 
gegen einen Civil-Anzug, und die Drei traten 
ihre Wanderung an. 
Der Zufall wollte, daß Ernst ihnen be— 
degnete, als dieser ihr Vorhaben und die 
näheren Details erfuhr, schloß er sich dem 
Kleeblatt an. 
(Fortsetzung folgt.) 
— — —e—; 
— Win SFingerzeig für Müt— 
der.) Ein vom auswärtigen Amt dem Par— 
ament vorgelegter Bericht des Consuls Se 
dern in Rom erwähnt u. A. auch der 
ausgezeichneten Qualität römischer Stimmor⸗ 
gane und bemerkt, dies werde einem bewähr⸗ 
ten Hausmittel zugeschrieben. Wenn nämlich 
rine Mutter außer dem Hause beschäftigt ist, 
wird der fest gewickelte Säugling mit seinem 
Kücken an einen Wandnagel gehängt und 
lkann da oft mehrere Stunden lang ungestört 
schreien, wodurch eben die Stimmorgane in 
außerordentlicher Weise ausgebildet werden. 
2Mannigfaltiges. 
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Druck and Verlag von F. X. Dernaesß in St. Ingbert.