„Ich habe ihn gesehen,“ fiel der Jurist
ihm in's Wort.
„So wissen Sie das Uebrige. Inzwischen
hatte der Bürgermeister Wetterau sich des
Dökuments zu bemächtigen gewußt, er for—
derte für dasselbe die Hand Malhildens und
strämer sagte zum Scheine zu. Er hoffte, ihn
durch List in cine Falle zu locken, es gelang
ihm nicht, und jetzt erhielt ich den Auftrag
jenem das Papier zu entreißen. Sie werden
wissen, auf welchem Wege ich dies ausführte,
ich erwürgte den Bürgermeister und fand den
Akt, dessen Kopie ich vorher bei Krämer ein—
gesehen hatte. Ich wußte, daß ich von hier
fort mußte, sobald ich das Geschäft vollstän
dig abgewickelt hatte, und beschloß deßhalb,
gleich am nächsten Morgen Mathilde zu ent⸗
führen, und die Rückteise anzutreten. Diese
Entführung würde schwer zu bewerkstelligen
zewesen sein, wenn in dem Hause Krämers
Alles im alten Geleise geblieben wäre, ich
mußte etwas Verwirrung hineinbringen. Ich
wählte den kürzesten Weg. Bevor ich am
Abend das Haus verließ, schlich ich mich auf
den Speicher, legte an vier Ecken Feuer an
und ließ den Dingen ihren Lauf. Das Feuer
mußte ungefähr um Mitternacht ausbrechen,
dis dahin brannten die Kerzen, welche auf
einem Haufen Reisig standen, somit konnte
mich, der ich um diese Zeit bereits in C.
war, ein Verdacht nicht treffen. Alles gelang
nach Wunsch. Als ich am andern Morgen
hierher zurückkehrte, lag das Haus in Asche,
der Rentner wohnte mit seiner Tochter im
Vasthofe. Ich übergab ihm das Dolkument,
empfing meinen Lohn und, wie ich erwartet
hatte, gleichzeitig die Weisung, meine Rückreise
sofort anzutreten, unter keiner Bedingung aber
ihm mehr vor die Augen zu kommen.
„Ich wartete, bis er ausging und über⸗
redete dann Mathilde, daß ich von ihrem
Vater Auftrag habe, sie in die neue Wohnung
zu führen. Sie schöpfte keinen Verdacht, ich
prachte sie in meine Hütte, und dort befindet
sie fich wahrscheinlich noch. Jetzt wissen Sie
Alles, hoffen Sie indeß nicht, aus diesem
Bekenntniß irgend anen Vortheil ziehen zu
können. Ich lege es unter vier Augen ab, und
äugne jedes Wort, wenn Sie daßelbe vor
Bericht citiren ·“
„Seid unbesorgt,“ erwiderte der Advolat,
„ich kam nicht hierher, um Euch zu verderben,
ondern um Euch zu retten. Ihr werdet be—
zreifen, wie viel den Rentner an Eurem
Schweigen gelegen sein muß, wollt Ihr die
zanze Schuld auf Euch nehmen, weder den
Namen des Rentners nennen, noch überhanpt
die Mitschuld eines Genossen durchblicken
assen, so dürft Ihr darauf rechnen, daß
Fuch die Mittel zur Flucht gegeben wer—
»en, sobald die nöthigen Einleitungen ge⸗
roffen sind.“
„Der Vorschlag ließe sich überlegen“
neinte der Amerikaner, „indeß wer garantirt
nir dafür, daß der Rentner sein Wort hält?
FSesetzt, ich stelle mich als den allein Schuͤldigen
din, das Gericht verurtheilt mich zum Tode,
ver bürgt mir, daß der Rentner mich vor dem
Schaffot rettet?“
„Könnt Ihr nicht auch am letzten Tage
ꝛin Geständniß ablegen, welches Euren Ge—
nossen ebenfalls unter das Fallbeil bringt?“
„Allerdings, aber kann der Schurke nicht
bis dahin geflohen sein ?“
„Freilich! wenn er nun fliehen wollte,
würde er Euch diesen Vorschlag durch mich
machen ? Auf der. einen Seite erwartet Euch
das Schaffot, Ihr mögt nun Euren Genossen
in den Proꝛeß verwickeln, oder nicht, auf der
indern Seite winkt Euch die Freiheit. was
vählt Ihr ?“
„Natürlich das letzte,“ entgegnete Schmel⸗
jer, „wenn ich nur eine Garantie hätte, daß
nan mich nicht schließlich noch überlistet
„Eine bessere als die, welche ich Euch
vorhin nannte, weiß ich nicht zu schaffen,“
ZHersetzte der Advokat achsel zudend.
„Wohlan, ich will ihm vertrauen,“ nahm
nach einer ziemlich langen Pause der Verbte⸗
her das Wort, der den letzten Strohhalm,
an welchem er sich klammern konnte, nicht
cahren lassen wollte. „Aber die Bedinguug
telle ich, bin ich nicht innerhalb vier Wochen
rei, so warte ich nicht länger bis dahin
visl ich die Schuld ganz allein auf mich
aebmen.“ J
Der Advokat erhob fich. „Abgemacht,
zis dahin werden wir die nöthigen Einleitun—
gen zu Eurer Flucht treffen konnen. Jeßzt