die Häude und Lippen der jungen Leute
einander begegneten, „ich liebe dergleichen sen⸗
imentale Scenen nichtẽ
Der Verlobungsakt war unterschrleben,
der Advokat steckte ihn in die Tasche. Dus
nöthige Aufgebot werde ich heute noch besor—⸗
zen,“ nahm der letztere das Work, „wenn die
jungen Leute nichts dagegen einzuwenden fin⸗
den, kann heute ülber acht Tage die Hochzeit
gefeiert werden.“ J
Der Rentner würdigte weder seine Kinder
noch den Sprechenden eines Blicks, er stand
am Fenster und sah, in seine Gedanken ver⸗
oren, hinaus auf die Straße.
„Meinetwegen!“ versetzte er endlich, in⸗
dem er sich umwandte, „da der Herr Doktor
aun doch einmal die Leitung in die Hand
genommen hat, so mag er auch die Vorbe⸗
reitungen zur Hochzeit besorgen, ich kümmere
mich nicht weiter darum, auch werde ich schwer⸗
lich bei dieser Feier zugegen sein“
Mathilde erschrack, sie begriff, daß eine
ihr unerklärliche Gewalt den Vater gezwungen
hatte, sein Jawort zu geben.
„Nach Belieben,“ fuhr der Addokat ge⸗
lassen fort, „da ich Ihnen indeß nach der
Hochzeit wichtige Eröffnungen zu machen
habe, so wäre mir Ihre Anwefenheit bei der
Feier sehr erwüuscht“
„Fröffnungen?“ fragte Krämer, erstaunt
und bestürzt zugleich, „welcher Art lönnen
diese sein ?
Viell eicht seht erfreulicher Natur, doch
entschuldigen Sie, bis zu jenem Augenblick
muß ich schweigen.“ Er nahm seinen Hut und
verabschiedete sich.
Ernst, der keine Lust fühlte, länger in
der Gesellschaft des alten Mannes zu bleiben,
hegleitete ihn. „Ich bitte Dich, löse mir das
Räthsel, durch welche Macht ist es Dir ge⸗
lurgen, den Rentner so geschmeidig zu ma⸗
chen?“ fragte er den Freund, als sie den
Bast hof verlassen hattn.
„Dieselbe Antwort, welche ich Dir gestern
auf diese Frage gab, gebe ich Dir auch heute
wieder,“ erwiderte der Advokat. „Frage mich
aicht darnach, vielleicht sage ich's Dir, viel⸗
leicht auch nicht, nimm das Gute, welches
der Augenblick Dir bielet, und denke, es sei
Dir vom Glück bescheert ..
Und doch kann ich mich immer noch
richt so recht freuen, mir ist, als sei dieses
hlück erschlichen, durch unredliche Mittel er⸗
oorben, und dann bangt mir stets, es köune
dötzlich so rasch wieder schwinden, wir ich's
xworben habe ·
Ekinbildung !“ erniderte der Doltor
ichselzucend, „Tie Kälte, der Trotz des
Kentners beengen Dich, Du fühlst, daß ich
hn gezwungen habe, seine Einwilligung zu
zeben und Dir bangt, er könne den Zwang
ibschütteln und sein Wort zurücknehmen. Aber
ei unbesorgt, die Kette, an der ich ihn halte,
teißt nicht, er mag an ihr zerren so viel er
vill. — Und nun noch Eins?“ fuhr er nach
einer Pause fort. „Triff Deine Anstalten, daß
Du gleich nach der Hochzeit für immer von
sier abreisen kannst.“
„Für immer ?“ fragie Ernst erstaunt.
„Wohin soll ich reisen und überhaupt, wes⸗
jalb soll ich diese Stadt verlassen?“
»Du wirst vielleicht später meine Gründe
ennen lernen. Denke Dir, Du wandertest durch
einen dunklen Wald und ein guter Freund
geleite Dich, um Dir den Weg zu zeigen.
So blindling8s, wie Da Dich jenem anber⸗
rauen müßtest, so vertrauensvoll folge auch
nir, sei versichert, daß ich Dich nicht auf
Irrwege führe:
„„Das alles ist mir so dunkel, so un⸗
erklärlich c⸗
„Ich weiß es, eben deshalh bin ich ja
da, um „Dich durch dieses Labyrinth zu
ühren.“
Ernst ging schweigend, in Gedanken ver⸗
junken, neben dem Freunde.
Wohin willst Du, daß ich wandern soll?“
iragte er nach einer Weilt.
„Mir gleichviel, suche Dir im Süden
Deutschlands eine St dt aus, und wenn Du
nit Deiner jungen Frau hinkommst, wirst
Du nicht nur ein hübsches Häuschen, sondern
auch noch zehn⸗ bis fünfzehntausend Thaler
in baarem Gelde vorfinden, damit magst Du
ein Geschäft begründen. “
Ernst blieb stehen und sah dem Freunde
ichweigend ins Antlißz „Du scherzest mit
nir, woher sollten Haus und Kapital
ommen ?2.. ve
Keineswegs,“ fuhr der Ädvokat lächelnd
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