Full text: St. Ingberter Anzeiger

AUnterhaltungsblatt 
4 3 —E— 
Aeenr ad re33 4 
4* 
9 ι J —A 30* — 3 J — 
St. Juügberter Anzeiger 
77 32 
———— 
WR * *73 
— D c e— 
Nr. Iös.Sonuntag,. den 22. Oetober J 
—E 
s8teinhöfer und Sohn. 
Von Ewilie Heinrichs. 
er hätte kein Auge schließen können, was ihm 
daheim in der Stadt, wo er außer den vor 
einem anderen Thore befindlichen großartigen 
Fabrikgebäuden ebenfalls ein palastähnliches 
Haus besaß, — ganz gut gelang, — wußte 
er sich doch hinfort von dem drohendsten Ge— 
spenste seines Lebens befreit. 1 
Erst jetzt war er wirklich am Ziele 
seiner Wünsche. 
(Fortsetzungh. 
Als sich der Rauch verzog, erblickle man 
den Commerzienrath bleich und ruhig wie ge—⸗ 
wöhnlich an einen in der Nähe der Thür 
stehenden Tisch gelehnt, der Fremde lag vor 
dem Bette in seinem Blute, den Revolver 
neben sich. 
Die Hausgenossen, bestehend aus dem 
männlichen und weiblichen Dienstpersonal, be— 
fanden sich jetzt im Zimmer, theils durch die 
zersprengte Thür, theils auch durch's Fenster 
eingedrungen. 
Der Notar warf einen Blick auf seinen 
Schwiegersohn und schritt dann ohne Beben 
zu dem Getödteten hin. 
Der Schuß war mitien durch den Hals 
gegangen und hatte die Arterie getroffen, — 
noch röchelte der Unglückliche, — die Waffe 
schien soeben der eigenen Hand entglitten zu 
sein. Niemand der Unbetheiligten zweifelte 
an einem Setbstmord; man hatte es ja mit 
einem Wahnsinnigen zu thun und dankte dem 
Himmel für diesen Schuß, weshalb es auch 
nicht befremdete, daß der Commerzienrath, 
ohne den Todten anzusehen, das Zimmer 
perließ, um den Befehl zum Anspanuen zu 
geben und sogleich nach der Stadt zuruͤd 
zukehren, dem Schwiegervater alles Weitere 
uberlassend. 
Der arm: Manu kounte doch unmöglich 
mit zwei Todten unter einem Dache weilen, 
2. Kapitel. 7 
Als er am nächsten Morgen mit seiner 
Frau und dem einzigen zwölfjährigen Sohne 
den Kaffee einnahm, war er doch etwas blei⸗ 
cher als gewöhnlich. Was die Frau, eine stolze, 
hochfahrende Blondine mit kalten, herzlosen 
Zügen, nicht bemerkte, hatte der weiche 
Eginhard sogleich heraus, dem Vater muß 
ꝛtwas fehlen. J 
Auf seine kindliche Frage versetzte Jener 
iemlich zerstreut: „Ja so, kald hätte äch 
ergessen, die Großmama ist gestern Abend 
gestorben.“ VVVVVV———— 
„Die licbe Großmama ist todt! o. nun 
will ich auch sterben!“ Und der Knade brach 
in ein krampfhaftes Schluchzen aus. * 
„Da haben wir's,“ sprach die Commer⸗ 
sienräthin, das stolze Haupt noch energischer 
zurückwerfend, „der Knabe ist krank, er leidet 
au Sentimentalität; bei jeder Gelee: heit 
hricht das albernste Gefühl mit einex Stärke 
hervor, daß man förmlich erschredt. Ist g 
vohl natürlich, um eine alte todte Frau zu 
veinen? Aber ich weiß, woher es kommt, 
juhr sie heftiger fort, ,sein Erzieher aa⸗ 
die Schuld, dieser Mensch ist mir unerträglich,