Full text: St. Ingberter Anzeiger

redet, daß er selber an sein Chriftenthum glaubte, 
so fest, wie an den Selbstmord des Bruders. 
Er grüßte den Ergieher seincs“ einzigen 
—A0— 
schritt in feinet vollen Würde hinaus. Wer 
vermochte auf seiner Stirn das blutige Kains⸗ 
eichen zu erkennen d 
Unbeweglich starrke Hartmuth eine Weile 
nach der Thür, welche sich hinter dem Com⸗ 
merzienrath geschlossen, »—vermochte er doch 
noch immer nicht das Entjetzliche, welches 
jener Mann ihm mit kalter, gefchäsftlicher 
Piene soeben mitgetheilt, zu fassen... 
—Der Freund todt in derBlüthe der 
Jahre, den er noch vor wenigen Stunden ge⸗ 
und aud von männlichem Muthe erfüllt ver⸗ 
lassen hatte? Was mochte in diesem Zeitraum 
zeschehen sein, uum solch' Reine fürchterliche 
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oste ihm jetzt das schauerliche Räthsel dt 
„Elender Tartüffe!“ murmelte er; an den 
—X— 
der Deines Bruders, den Du so frech ver 
leugnest, vor Deiner Zärtlichleit schützen und 
ihre Rechte wahren. Ja, ich muß Sicht in 
dieser Geschichte haben, —muß den Todten 
sehen.“ 
Er, warf einen Blick aus dem, Fenster, 
welches in den Garten führte, nahm eilig 
einen Mantel über, drückte die Pelzmütze in 
die Stirz und begab sich hinunter zu seinem 
Zögling. welcher bleich und unbeweglich 
mit dem Schlitten seiger harrte. 
„Armes Kind!“ murmelte der junge 
Mann, „Du bist ärmer als jene Kinder, 
welchen der Vater gestorben ist z. sie haben 
hoch noch eine Mutterꝛ. 
Er liebte den Knaben, welcher, mit einem 
weichen menicheafreundlichen Herzen begabt, 
den grassesten Gegensatz seiner Ettern dildete. 
und ich habe die gute Großmutter nicht 
zinmäle wiedersehen dütfen,“ TUagte Eginhard, 
zessen Thränen jetzt auf's Neue flossen. „O 
besier Here Harimuth ?dwenn Sie mich lieb 
haben, dann gehen Sie mit mir hinaus zu 
hr, —nich muß sie sehen oder ich sterbe 
zanz gewiß.“ 4 — 
Hartmiith tröstete ihn und versprach, noch 
—ι V — ⏑, s 10 
e Druck 4ñ0 Verlag von F. XR. Denezz in St. Ingabert. 3 
ꝛinmal den Vatet um die Erlaubniß zu bitten, 
vodurch er das jammernde Kind ein wenig 
heruhigte... 
Wieder wurde es Abend, der arme Egin⸗ 
hard schlief den glücklichen Traum der 
Kindheit. 12 
Hartmuth verließ das Haus und begab 
sich nach dem Polizeigebäͤuder: es drängte ihn, 
den tedten Freund noch einmal zu sehen, war's 
hm doch/ als müsse er aus seinen erstarrten 
Zugen die Wahrheit erforschen knnen. 
Als er sich durch einen ihm velannten 
Neamten legitimirt hatte, erhielt er die Er⸗ 
laubniß, den Selbstmörder sehen zu dürfen; 
nan hatte ihn nach dem Leichenhause des 
Zospitals gebracht.. 
Todt, wirtlich iodtẽẽs.. 
Hartmuth starrte in das bleiche, ruhige 
Besicht des Freundes, kein Zug desselben deu⸗ 
tete auf die furchtbare Gemüthsbewegung, 
desche einem Selbstmorde voranzugehen pflegt. 
Fast freundlich waren die erstarrten Mienen, 
afs hätte ein sanftes, versöhnendes Gefühl 
sein Herz in det letzten Minute noch bewegt. 
„Nichts,“ murmelte der junge Mann, 
Vessen Augen auf der ködtlichen Wunde haf⸗ 
eten, „kein Zeichen, kein einziger Änhaltspunkt, 
b die mörderische Kugel von Deiner eigenen 
dand gelenktoder verrätherrisch Dein Leben 
zertürzt. Soll dieses blutige Geheimniß mit 
Dir begraben werden 
Er legte die Rechte auf des Todten Brust 
uind blieb einige Minnten in dieser Stellung, 
tarr und unbeweglich das Auge auf das 
zlasse Antlitz geheftet. Der Freund hatte dem 
Freunde geschworen, der Erbe seiner Rache 
u sein. * 
Dann verließ er fest und ruhig den 
schauerlichen Raum.. 
J—— Goriseßung folgt. 
6hb arradee. 
Wenn meine zweite fsich als Erste zeitchh 
Dann wird sogleich das Ganze draus entstehen; 
Ihm ist ein Volk des Quients geneitgt 
snd uͤheran uies ver dmn m sehen. 
Iuflosung der Charade in Nr. 122 bes Unterhall⸗ 
ungsblattes: Oheim.“