Full text: St. Ingberter Anzeiger

Unterhaltungsblatt 
zum 
St. Ingberter Anzeiger. 
— rag, den 26. Oetober —AI.. 
Vr. 123. 
5teinhöfer und Soßn. 
Von Ewilie Heinrichs. 
tiethen aus den wirren Fieberphantasien des 
Kranken so ziemlich den Zusammenhang und 
jaunen auf ein wirksames Mittel, die beiden 
gesährlichen Mitwisser des blutigen Geheim⸗ 
nisses für alle Zeiten unschädlich zu machen. 
Hatte doch der Notar keinen Augenblick an 
dem wirklichen Mörder gezweifelt: in seinen 
Augen war es einfache und deßhalb erlaubte 
Nothwehr, wie er solches kühn als ZSeuge 
vor Gericht durchzuführen fich vernaß. 
—XI 
den Erzieher ihres Sohnes mit so heftiger 
Erbitterung? 
Harimuth's Erscheinen war schön und 
nannlich, sie war es gewesen, welche sein En⸗ 
zagement betrieben, — ste war die moderne 
Potiphar, — es sfiel dem ernsten/ sittlichen 
Manne micht schwer, die Rolle des Joseph 
treng durchzusühren,. — det Haß bleibt sich 
ju allen Zeiten gleich, wie die Leidenfchaften 
der Menschen. 
Daun fiel ihr Auge auf den neuen Pro— 
uristen, er war listig wie ein Fuchs. ge⸗ 
ich meidig wie eine Schlange mmo Genukmenlch 
durch und durch. 
Die beiden verwandten Seelen fanden 
und verstanden sich, sie hatten dem Erzithet, 
welcher mehr gesehen, als für ihn dhut schien, 
den Untergang geschwöͤren. 
Der Commerzienrath genaß endlich, und 
nit der Gesundheit kehrte die Erimerung, 
mit ihr die Ueberlegung zurück. Er lannk 
setzt seine beiden gefährlichsten Feinde und 
mußte sie um jeden Preis unschädlich 
machen. S 
Die erste Unterredung mit seiner Muller 
(Fortsetzung.) 
Wochen waren seit dieser furchtbaren Ka⸗ 
astrophe vergangen. 
Der Commerzienrath Steinhöfer lag seit 
jener Nacht noch immer schwer krank darnie⸗ 
der, während die Muttee sich nach ihrer so 
wunderbaren Auferstehung rasch erholte und 
rotz der entsetzlichen Seelenpein, welche sie bei 
zem furchtbaren Geheimniß empfand, wieder 
zanz gesundete. 
Sie hatte ihren Sohn noch nicht wieder⸗ 
zesehen, sich aber auch gänzlich von der Außen⸗ 
welt zurückgezogen und nur die Besuche ihres 
Enkels und seines Erziehers angenommen. 
Mit Hartmuth hatte sie ein stilles Einder⸗ 
ständniß, und während Ferdinands Wittwe 
das Anerbieten des Commerzienraths kurz ab ; 
zelehnt hatte, darfte sie um ihrer Kinder 
willen die kleinen Unterstützungen der Mutter, 
welche durch Hartmuth's Häude gingen, nicht 
zurückweisen, so sehr sich das stolze Herz der 
Frau auch dagegen sttäubtee. 
Ueber viel haite die alte Dame nicht zu 
gebieten, ihre Schwiegertochter und der Pro⸗ 
curist der Firma, welche Beide während der 
Krankheit des Fabrikherrn die unumschränkte 
Disposition in Händen hatten, wußten iht 
auf die geschickteste Weise alle baaren Mittel 
zu entziehen, ein Verfahren, bei welchem der 
Notar Wolff den nöthigen Rath ertheilte. 
Beide, Schwiegervater wie Gemahlin, er⸗