Full text: St. Ingberter Anzeiger

und wenn man ähn durchsuchte, die Papiere 
bei ihn fand ? Würde die Polizei nicht 
sd gefällig sein, sie dem Commerzienrath aus⸗ 
zuliefern 7 
Der arme junge Mann verlot auf einen 
Augenblick die Fassung, der Sicherheitsbeamte 
bemerkte es sriumphirend als ein Zeichen 
der Schuld. 
Doch nur einen Moment währte dieser 
Zustand bei ihm, bald fülte er das Gleich⸗ 
gewicht wieder in sich und die kalte Ueber— 
legung, dieses beste Heilmittel gegen die 
Verzweiflung. 
„Ich werde mit Ihnen gehen, mein Herrl“ 
fagte er ruhig, „doch werden Sie mir er— 
jauben, noch einmal auf mein Zimmer zu⸗ 
eückzulehren, natürlich nur in ihrer Bealei⸗ 
zung, um einige Papiere von Wichtigkeit zu 
ordnen.“ 
ollsst Du in's Gefängniß, ich weiß es ganz 
zestimmt.“ 
NUeber Hartmuths Wange rann eine große 
Thräne, er schloß den Knaben in seine Arme 
and sprach ihm leise und freundlich zu. 
Umsonst, er wollte nichts davon hören, 
ind verlangte ungestüm, mit ihm in's Ge⸗ 
ängniß zu gehen. 
Da fönte die Stimme seines Vaters von 
zer Treppe her; sie rief erst ängstlich, dann 
jebieterisch seinen Namen. Eginhard zuckte 
susammen u. klammerte sich fester an den Freund. 
„Du siehst, welche unheimliche Macht 
zieser Mensch über unser Kind erlangt, daß 
es dem Vater den Gehorsam verweigert,“ rief 
etzt die Commerzienräthin, velche neben dem 
Bemahl stand. 
Durch Hartmuths Gehirn schoß ein Ge⸗ 
zanke, er wollte diesen Augenblick benutzen, 
am⸗seine Dokumente in Sicherheit zu bringen. 
„Lassen Sie mich mit meinem Zögzling 
‚wei Minute allein auf meinem Zimmer,“ 
ief er mit lauttönender Stimme, „und ich 
derspreche Ihnen Gehorsam.“ 
„Nichts da,“ versetzte der Commerzienrath 
zornig, „hierher, Eginhard! oder die Polizei 
joll Dich zwingen wie jenen Dieb, welcher Dich 
so widerspenstig gemacht.“ 
„Gemach, mein Herr!“ rief Harimuth 
etzt empört, „Sie wissen so gut, wie ich 
elber, daß ich kein Dieb bin; zwingen Sie 
nich nicht zum Aeußersten oder —“ 
„Papperlapapp!“ unterbrach der reiche 
Mann ihn brutal, „behalten Sie Ihre Phra⸗ 
sen für sich, oder belebt es Ihnen gar, mir 
zu drohen? — Meine Herren! reißen Sie 
neinen Sohn von seinem Verderber los, hrauchen 
Sie immer Gewalt, damit der widerwärtigen 
Scene ein Ende gemacht wird.“ (gForts.f.) 
Maunnigfaltiges. 
Ist bereits durch mich geschehen,“ ver⸗ 
jetzte det Beamte spöttisch. „Alles, was sich 
Wichtiges vorgefunden, begleitet sie in's Poli⸗ 
Jeigebaͤude. Doch jrtzt nicht lange raisonnirt, 
borwärts, meine Zeit ist gemessen.“ 
Anerhörte Bosheitt!“ murmelte Hartmuth 
empbet, „ich muß dru Herrn Commerzieunrath 
sprechen,* fetzte er faft gebieterisch hinzu. 
Ist nicht zu sprechen, vorwärts, — der 
Herr Commeizienrath —“ 
Em durchdringender Schrei, welcher von 
der Treppe her erlönte, unterbrach den Be—⸗ 
amten. Halbbekleidet stürzte ein Knabe in den 
Zreis, welcher sich um den Gekangenen gebil⸗ 
det und hing schluchzend au seinem Halse. 
Es wat Eginhard. 
Sie wollen Dich von mir reißen,“ ja m⸗ 
merte dae Kind in ungestümem Schmerze, 
wollen Dich zum Diebe machen, — o, ich 
weiß Alles, — der Großvater — 
Still, mein Kind!“ gebot Hartmuth 
janft, „ich werde morgen wieder bei Dir sein, 
— es ist ein Irrthum, weiter nichts.“ 
—MNein, lein Irrthum,“ rief Eginhard 
mit einer an ihm sonst ungewöhnlichen Hef⸗ 
aigkeit. „Du sollst ein Dieb sein, um in's 
GBefängniß zu kommen, sie hassen Dich Alle 
— Alle — nur ich allein habv' Dich so lieb 
and mag nicht ohne Dich leben. Darum 
Lachen als Heilmittel. Der be— 
rühmte Arzt Sydenham behauptete, daß die 
Ankunft eines Hanswürstes in einem Städtchen 
aoch einmal so viet werth sei, als die Ankunft 
von zwanzig mit Arzneimitleln heladener Esel. 
Die Naturheilkunde wird dem Manne beipflichten. 
⸗ãi— 
Drud uns Verlaa von F. X. Denaer in St. Inabert.