Full text: St. Ingberter Anzeiger

AUlnterhaltungsblatt 
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SteJagberter Anzeiger. 
Sonntag, den 20. Detober ATAi. 
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Fr. 128. 
8teinhöfer und Sohn. 
Von Emili« Heinrichs. 
besten Wege, aus unserem Kinde einen Mörder 
zu machen.“ 
„O Mutter!“ Mutter!“ murmelte der 
Knabe, das Messer unbewußt an die Brust 
drückend, daß ein Blutstropfen hervorquoll. 
„Braucht Gewalt, Ihr Memmen!“ rief 
die unnatürliche Mutter. 
Nein, nein. keine Gewalt!“ sprach Stein⸗ 
höfer. todtenbleich näher wankend, „ich will 
iu meinem Ki de reden, das ein Fremder 
mir abwendig gemacht. Eg nhard; — All⸗ 
mächtiger Gott! — er hat sich verwundet! 
Seht, seht! ein Blutstropfen auf seiner Brust!“ 
Erschreckt beugte sich Hartmuth zu ihm 
herab und sah. daß es nur eine unbedeutende 
Verletzung war, wilche der Knabe nicht ein⸗ 
mal fühlte. 
Lafsen Sie mich, wie ich vorhin bat, 
nur zwei Minuten allein mit ihm,“ sagte 
er rasch. 
„Piein Kind blutei,“ murmelte der Com⸗ 
merzienrath, „õ Eginhard! warum thust Du 
mir das ?“ 
„Konnen Sie kein Blut sehen, Herr Com⸗ 
merzienrath ?“ fragte Hartmuth mit schneiden⸗ 
der Schaärfe, und Jener zuckte“ heftig du⸗ 
sammen. 
„Laß mich mit ihm allein,“ befahl der 
stnabe jetzt mit trotziger Stimme, welde gegen 
fein früheres weiches Wesen merkwürding ab⸗ 
stach, diese Menschen sollen mich nicht an 
rühren. Nimm Dich in Acht, Papa! das 
Messer ist scharf. Ich will nicht leben ohm 
meinen Lehrer; führt ihr ihn in's Gesängniß, 
bann sterbe ich, — hier, — hier vor Euren 
Augen gebe ich mir den Tod deuu 
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(Fortsetzung.) 
Als die Polizisten sich dem Knaben nahten 
und die Hand nach ihm ausstreckten, schrie 
er laut auf und klammerte sich noch fester an 
seinen Lehrer, welcher sanft seine Hände zu 
lösen suchte und leise bat: „Um meinetwillen 
gehorche, mein theures Kind! Ich habe Dir 
noch Etwas mitjzutheilen, könnten wit nur zwei 
Minuten allein sein.“ 
Der Knabe drückte seinen Kopf an Hart⸗ 
muths Brust und schien nichts zu hören. 
Man woltte auf des Vaters Befehl zur Ge— 
walt schreiten. 
eAls Eginhard die Hand des einen 
Beamten auf seiner Schulter fühlte, schrie 
er auf und fuhr, wie vom Wahnsinn ge⸗ 
packt, eipor. 
Bevor jener seinen Arm ergreifen lonnte, 
um ihn fortzuzerten, hatte der Knabe ein 
Messer aus der Tasche gezogen, dessen Spitze 
und scharfe Klinge im nächsten Augenblick auf 
die eigene Brust gerichtet war. 
Wage es nur, mich anzurühren,“ rief er 
teuchend, „ich stoße zu und Ihr sollt mich 
nicht daran hindern.·. 
Der Commerzienrath. schrie vor Schreden 
auf, während seine Gemahlin höohnisch auf⸗ 
lachte. 
„Seht, seht, die Früchte solcher Erziehung, 
ich sagte es Dir stets, Du wolltest nicht hören. 
Dieser Mensch, dieser Dieb war auf dem