rief die Dame mit verbissenein Groll,,laß
Deine Andeniungen und geh ?aufn die
Sache —B—— *
Nun wohl, ich glaube doch immerhin
das Muttergefühl schonen zu müssen, meine
Tochter! Da Du also von Allem, was die
Civilisation zum Heiligthum gestempelt, Dich
emancipirt hast, so wollen wir geschäftlich
reden. Der Commerzienrath ist im Grunde
lein Charalter, obschon er schon als Knabe
fich als ein tüchtiger Nachahmer- bewährte.
Du weißt, daß ich ihn von zartester Kindheil
schon gekannt, so zu sagen nach des Vaterds
Tode sein Vormund wurde. Der jüngste Sohn,
nach dieser Katastrophe erst geboren, — der
alte Steinhöfer starb in Dezember, als Fer⸗
dinande im April geboren?“ wurde, — war
dem Aeltesten, welcher sich stets als alleiniger
Erbe betrachtet hatie, ein natürlicher Stein
des Anstoßes. Von dieser Stunde an entwi⸗
lelte sich das Talent Deines jetzigen Mannes,
er wurde mein Zögling, und ich muß geste⸗
hen, daß et seinem Meister Ehrt gemacht,
obgleich er⸗ wie gesagt,“ kein Charaktec war
und bis heute meine Leitung noch nicht hat ent⸗
behren koͤnnen. Et schlich sich mit bewun⸗
derungewürdigen Künsten in das Herz seiner
schwathen Mutter, werdächtigte den⸗ heran⸗
wachsenden Beuder so beharrlich. daß er schon
mit dem vierten Jahte vom Hause entserni
und nach einer fernen⸗ Stadt in Pensionun⸗
tergebracht wurde. Ich kannte den Vorsteher
persönlich und lonnte ihm vertrauen; der gute
Mannthat Allez um's Geld.“ ν
„Komm zur Sache,“ rief die Commen-
zienräthin ungedutdig,n,was kümmerte mich
jener Bruder, er ist todt
Freilich ist er kodt,““ fuhr; Wolff ruhig
fort, „das war die einzige selbstständige That
meines Schülers, »sie macht seinem Charakter
Ehre/ spudctt aber jetzt als Gespensterfurchi
hintendrein. Dieser todte Bruder kümmert
uns gar sehr und verdient es wohl, ein Vier⸗
jelstündchen beachtet zu werden, in seinen Er⸗
ben lebt er wieder auf. Ich weiß es, daß die
Frau mit ihren deiden Kindern, wovon das
eine vor vier Jahren ein achtjähriger Bube,
das andere ein Säugling, bei der nächtlichen
Bestattung ihres Mannes zugegen gewesen ist;
auch ein unbekannter, noch junger Mann war
dabei, es wird Hartmuth gewesen sein.“
Was kümmertmich diese Frau mit
hren Kindern,“ rief die Commerzienräthin
eröchtlich, „spricht nicht das Testament der
Mutter für uns ?“
Sie: ift zur? Anzeit vom Tode erweckt
vorden,“ sprach der Notar, „was wollte die⸗
ser Narrvon Steinhöfer auch Experimente
bei ihr anstellen ? Was dien Todten bei sich
rug, mochte sie gern mitsich in die Gruft
iehmen, es schadete uns micht weiter. Nun
jaben wir die kindische Alte mit dem ganzen
Apparate der Reueund Gewissensangst auf
dem Halse. Mußte ich ihr doch schon ein
anderes Testament pro forma aufsetzen, um
es ihr gelegentlich wieder zuentreißen.
Vor ihren Augen⸗ mußten wir das;erste
derbrennen. e e 83
„Es war aber nur Comödie,“ schaltete
die Commerzienräthin ruhig ein““
. Ratürlich, wer konnte uns für so wahn⸗
innig halten, war das Aergste geschehen, sollte
uns ein altes Weib doch nicht zun Narren
machen; ich hätte sie mit' diesen Händen er⸗
drosseln mögen. Das erste Testament bleibt
in Kraft, — damit ist die: Gefahr: nicht be⸗
seitigt. Wenn Hamlet mündig ist, wird sein
Vater vielleicht todt oder wahnsinnig sein, ich
jtere mich selten in meiner Erfahrung. Dann
handelt er nach seiner Beglütkungstheorie und
wird sühnen, was der Vater an dem' Bruder
perbrochen. Jetzt, mein Kind, spinne den Fa⸗
den für Dich selber weiter, wenn's Dir beliebt.
„Kennst Du den Aufenthalt der Erben?“
bIch war nicht unthätig in dieser Sache
— habe viel Geldedaran gewandt, ihren
Aufenthalt zus erforschen. Sie sind gleich nach
jener? Katastrophe, wahrscheinlich auf Hart«
muth's Antrieb, aus dem früheren Wohnorte
fortgezogen,/ wohin, wußte mir Niemand zu
jagen: ich habe jede Spur verloren/ hoffe
ledoch heute sie wieder entdedt zu haben. Frank
hat sich vorhin auf. die Entdeckungsreise begeben.“
d 737 13Fortsetzung folgt.
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Drud und Verlag von F. 5. Dau eg in St. Inabert. ⸗