Full text: St. Ingberter Anzeiger

das geht,“ rief ver Kapitaͤn vergnügt, „aber 
was wollen Sie mit Ihren Sachen an⸗ 
faugen ?8 
„Die verkauft Ihre Frau mir spater, 
wenn sich bie Gelegenhein dazu bietet. Ich 
habe üder kine knicht unbedentende erfparte 
Summe zu gebieten, später wird Gott weiter 
sorgen. Um aber kein Aufsehen zu ertegen, 
reisen Sie, wie wit gestern Abend verabredet, 
heute allein fott mit melnem Ferdinand. Ich 
werde mit Clara den Nachtzug benugen.“ 
„Gut, fso mag es geschehen,“ nickte der 
eapitän, „in Breinen erwarte ich Sie, da 
wosllen wir Alles noch weiter überlegen; für's 
Erfte ist die Hauptsache, aus dem Bereiche 
dieser Halfische zu kommen.: Gott wird schom 
Zeit und Stunde wissen, wann die Vergeltung 
iͤbet diese Rotte Korah herabwettert. 
Die Winve luchelte ruübe und reichte 
dem ehrlichen Seemann die Hand, welche dieser 
herzhaft drückte. Dann nickte er iht vergnügt 
ju und eilte fort, um Alles zur Abreise por⸗ 
bereiten. 
Frau Sieinhöser stand einenAugenblich 
anbeweglich, das bleiche Antlitz auf die Brust 
gzesenkt. — 
„Mathe! Muth!“ flüsterte sie.n. Du mußi 
fur Deine Kinder leben ä 
Unb mit ihrer gewöhnlichen Ruhe und 
Energie ordnete sle Ferdinands Reise⸗Effec⸗ 
ien, um dann später an bdie eigene Abreilt 
ju denten. 
Da unischlungen“ sie zwei Kinderärmchen, 
tin blondes Locdcenköpfchen schegte sich au 
ihre Brust und zwei helle lachende Augen 
schauten schelmisch zu ihrt duf. 
Der Onlkel gab mir Zuckerwerk,“ flüsterle 
fie, ihr einige Naschereien in den Mund 
schiebend, Fet sagte, ich solle mit ihm gehen, 
er wolle mir Schönes zeigen. Da lief ich fott. 
weil ich mich vor ihr fürchtete. 
„Wer, HEnbet Brandta fragie vie Muiter 
banger Ahnung. 
O ein. ein freinder Ontel, er war 
hier bei Dir, als ich im Gartenspielts. 
D Matia, ich hab' mich wirklich vor ihm 
zefürchtet“ 
„Svllst heun den ganzen Tag bei mir 
Druck anq Verlag von J. X. Deineß in St. Ingbert. 
bleiben, mein Clärchen!“ sagte die Mutter, 
ge fest an sich drückend, „mußt beileibe mit 
keinem fremden Onlkel gehhen, sonst siehst Du 
die Mama nie wieder. Hörst Du, heut' nicht 
don mir gehen.“ 
Nein, nein, ich geh' nicht wieder fort,“ 
riej die Kleine äntzstiich nach der Thür schauend, 
als fürchte sie dort das Erscheinen des frem⸗ 
den Onkels. 
Muin wollie das Kind ihr entreißen! 
Dieser Gedanke stählte ihren Muth und machie 
sie fühig, das Aeußerste zu wäagen. 
Von dieser Minute an stand ihr Ent⸗— 
ichluß, Eutopa zu verlassen, sest. ga 
Sie weinte nicht, als Ferdinands Gepäck 
abgeholt wurde und Kapitän Brandt mit dem 
Knaben fortging. Es war der armen Mut⸗ 
ser in dem Augenblick, als nähme er Abschied 
nuf ewig, als würde sie ihn nie wie⸗ 
dersehen. Doch verschloß sie den Schmerz 
nef in der Bruft, um die Zuversicht des 
keindes nicht zu stören. 
— — (Gortsetzung folgi) 
Mannigfaltiges. 
Metz, 831. Oet. Die Ztg. für Deutsch- 
and erfaͤhrt jetzt einiges Nahere über einen 
im letzten Sonntag Nachmittag (29. Oct.) bei 
dördt, zwischen Wendenheim und Bischweiler, 
porgekommenen Eisenbahnunfall. Der Perso⸗ 
ienzug von Straßburg stieß mit einem Güter⸗ 
zuge aus Weißenburg, bez. Saargemünd, zu⸗ 
ammen, wodurch die Locomotive des Ersteren 
ungeworfen, mehrere Personenwagen total 
jertrümmert und einige Güterwagen erheblich 
peschädigt wurden. Die Reisenden kamen glück⸗ 
licher Weise ohne Verletzung dabon, uno nut 
in Heizer wurde leicht vetwundet. Det Per⸗ 
sonenzug nach Straßburg erliit dadurch eine 
Berspütung von 8 Stunden, die Reisenden 
waren gensthigt, bei — auszusteigen und 
zasßs mit Trümmern aller Art bedeckte CUeis 
in einer ziemlich langen Strece zu Fuß⸗zu⸗ 
rückzulegen, um einen Specialtrain zu erreichen, 
her sie nach Strußburg beförderte, wo sie erh 
um 2 Uhr Nachts ankamen. 
nnnns sk