berechtigt Sie. zu jolchem Einschreiten ge⸗
gen mich ẽ e *7
„Das werden Sie später auf der Polizei
erfahren, Madame!“ rief der eine Be—
amte kurz.
„Ei, damit ist's nicht gut,“ sprach Frau
Brandi, welche sich kaum von ihrer Ersiarrung
zu erholen vermochte, „ist denn das erhört,
gegen eine undescholtene Frau so einzuschreiten
und sie mitten in der Nacht wie Diebe und
Räuber zu überfallen? — Wir wissen wohl,
wer diese neue Unthat eingebrockt, der Wind
weht von der Hauptstadt her und dem Reich⸗
thum ist Jedermann unterthänig und gefällig.
Doch Gott findet die Bösen —“
„Still, meine Liebe!“ gebot die Wittwe
sanft, doch fest, „dem Gesetze sind wir Alle
unterthan, wer will sich erkühnen, wider den
Stachel zu leden? Ich will nicht weiter
fragen, wessen man mich beschuldigt, um solche
Schmach zu rechtfertigen. Thun Sie Ihre
Pflicht, meine Herren!“/
Ihr Auge fiel bei diesen Worten auf dak
Päckchen, welches auf dem Tische lag und
von dem ersten Polizeibeamten bereits er⸗
zriffen war. — I
Sie bebte leicht zusammen, während ihr
Antlitz leichenblaß wurde
Dieses Päckchen enthält nur Papiere,“
fagte sie, sich gewaltsam behrrrschend, „es
ind Briefe meines verstorbenen Gatten und
—— —
sind und nur Familien⸗Angelegenheiten be—
jreffen; Sie werden diefe, für jedes fremde
Auge ohne Interesse; nicht profaniren, ich bitte
darum im Namen der Menschlichkeit!“
Der Beamte zuckte die Achseln und ver⸗
setzte kalt: „Thut mir leid, Madame, Ihren
Wunsch nicht erfüllen zu können — ich kann
vom Gesetze kein Haar breit abweichen.“
ESchaͤndlich, schändlich,“ rief Frau Brandt
außer sich, „solche Gewalt kommt ja nicht
bei den Wilden vor, freilich gibt's da auch
keine Polizei“
i Still, oder Sie werden auf der Stelle
arretirt,“ gebot der zweite Beamte rauh.
Machen Sie's kurz,“*“ flüsterte der Rür⸗
gexmeister dem Ersten in's Ohr, „die Sache
e mir äaußerst peinlich, es wird sicherlich auf
Iner falschen Denunciation beruben“
„Wird sich finden,“ entgegnete dieser
trocken, „wir erfüllen unsere Pflicht, kein
Jota mehr.“
Eune furchtbare halbe Stunde für die
Wittwe des Ermodeten, sie ertrug sie stolz,
hatte sie doch schon Grausfigeres ertragen
lernen.
Der erste Beamte ersuchte sie jetzt, ihm
ungesäumt auf's Bureau zu folgen.
„Auch das noch, o, zu viel, — zu viel,“
lüsterte sie, die Hände vor's Antlitz schlagend.
Dann trat sie zu der Kleinen, welche sorglos
fortschlummerte, und küßte sie leise, wobei
wei brennende Thränen auf das schöne
Antlitz des Kindes fielen. J
„Sie verlassen die Kleine keinen AÄugen⸗
blick, liebe Frau Brandt!“ sagte sie mit ge⸗
preßter Stimme, „schwören Sie's mir!“
„Ich schwöre es Ihnen, theure Frau!“
oersetzte diese bewegt; „gehen Sie, das gute
Bewissen begleitet ihren schweren Gang, auch
die Gewalt hat ihre Grenzen
Ahnte die arme Miatter schon, daß fie
hr Kind nicht wiedersehen sollte? Sie brach
olötzlich, so viel sie auch dagegen ankämpfte,
n Thränen aus und küßte die Kleine, lei—
denschaftlich erreg..
Das Kind schlug die Augen auf, schlang
die Aermchen um ihren Hals und rief schlaf⸗
trunken: „Mama, nicht fortgehen!“
„Sie erregen sich zu sehr, Madame!“
sprach der Vürgermeister, „die Geschichte ist
'o schlimm nicht, — auf der Polizei werden
Sie in kürzester Zeit Ihre Schuldloßigkeit
rachweisen können. Madame Brandt wird
nittlerweile für die Kleine sorgen“
„Gewiß, gewiß, haben Sie keine Furcht,
heste Freundin!“ betheuerte diese weinend.
Die Wittwe hatte ihre vollständige Fassung
wieder erlangt, fie schritt hastig voran, von
der Polizei gefolgt, während der Büger—⸗
neister sich kopfschüttelnd nach seinem Hause
verfügte.
Man hatte bei der Durchsuchung nichts
Gravirendes oder Verdächtiges weiter gefun⸗
den, als das Päckchen Papiere, dessen In—
halt von dem Polizei⸗Inspector jetzt aufmerk⸗
sam geprüft wurde.
Frau Steinhöfer befand sich in einem
Nebenzimmer, von zwei Officianten bewacht;