meire Arbeitskraft zu besitzen, selbstständig
auftreten und handels zu können. Sieh, Va⸗
ter, deßhalb wollte ich noch ein Jahr hier
ble'ben, Vondon ist der rechte Ore Erfahrun—
gen, Meanschenfenutniß zu samxieln, um diese
später pcattisch zu verwerthen. Mit 21 Jahren
bin ich nach dem heimathlichen Recht mündig,
— ich verlauge danß nichts weitler, als im
eigenen Geschäfte zu witken, oder ein Kapikal,
hinreichend, mir ein besonderes zu gründen,
vielleicht eine Filiake des Deinigen, mit voll⸗
stäudiger Selbstständigkeit; Du wirst mir das
eine oder andere nicht versagen.“
Originell, wie immer? lächelte der Com⸗
merzienrath eezwungen, das alte Mißtrauen,
von Wolff entzündet, loderte wieder empor;
„ein Juhr also noch, — doch wozu, mein
Sohn? — Wir können Deine Lehrjahre ja
abfürzen, Dich mit 30 Jahren müadig er⸗
klären lassen. Hat ein Throuerbe bereits mit
18 Jahren so viel Ersahrung und Weisheit,
ein ganzes Volk regieren zu tönnen, warum
jolltest Du nicht mit zwanzig Jahre einet
Fabrik beherrschen und leiten können. Hier,
meine Hand, schlage ein, ich erkläre Dich so—
gleich bei unserer Heimklehr für mündig und
ernenne Dich zu meinem Associe. Bist Du fo
mit mir zafriedeu ?ẽ
„Ich bin's unter einer Bedingung, Vaterl“
bersetzte Eginhard, ohne die dargebotene Hand
zu berühren.
„Bedingungen also? Nun, laß bören,
mein Sohn!“
„Der Procurist Frank erhält sogleich seine
Entlassung aus dem Geschäfte.“
Der Commerzienrath erbleichte und trat
einen Schritt zurück.
„Warum das?“ fragte er unsicher, „Frank
ist ein sehr fähiger Kopf, ein zuverläjsiger
junger Mann, ich werde diese Bedingung nicht
erfüllen können, mein Sohu!“
„Sieht der einzige Sohn Dir nicht höher,
als dieser Fremde, mein Vater ?“ rief Egin⸗
hatd mit ungewöhnlicher Wärme.
„Gewiß, gewiß, wie kannst Dus nur fo
fragen, mein Sohn!“ erwiederte der Vater,
ihm beide Hände entgegenstreckend, „o Egin
hard, ich fühle mich so einsam; wie sehnte
ich mich in diesem Jahre nach Dir; Du bist
der Einzige auf Erden, der mir lich und
theuer ist —
„Das ist nicht gut, Vater! wende Dich
der Menschheit zu und Du bist nicht mehr
einsam. O, erfülle diese erste Bitte Deines
Sohnes, entlasse Frant, er ist Dein böser
Beist, wie ich so gern Doin guter wecrden
nöchte. Wir Beide, jener Fraut und ich,
dunen nicht uit einander verkehren, ohne eine
schlimme Katastrophe herbeizuführen.“
„Hat er Dich beleidigt?“
„Ja, Vater! wenn auch nicht persönlich,
wir können dieselbe Luft nicht mit einander
athmen.“
„Es wäre das Beste, ganz gewik.“ mur⸗
melte der Commerzienrath, einige Male rasch
aufs und niedergehend, „er muß fort um jeden
Preis. Schlage ein, mein Sohn, ich erfülle
Deine Bedingung, — Frank wird entlassen.“
„Dauu reise ich mit Dir, wann Du
willst, Vater.“
Und Eginhard umarmte zum ersten Male
nach kargen Jahren den Vater mit kindlicher
Herzlichkeit.
Der Commerzienrath war übderglücklich, er
betrieb die Abreise mit ungeduldiger Hast,
und schon am nächsten Morgen lag die Nebel⸗
ftadt au der Themfe hinter ihnen. »*
13. Kapitel.
Zu gleicher Ziit, als der Commerzienrath
Steinhöfer diesen wichtigen Aet bei seinem
Sohn vollzog, las der Notar Wolff in dem
Anzeiger des Tageblatis folgende Annonce:
„Kinderlose Eheleute wünschen ein Kind als
ihr eigenes anzunehmen für die Einzahlung
von 600 Thlr. und die Bedingung, alle An⸗
sprüche daran vollftändig aufzugeben.“
.Den guten Leuten kann geholfen wer⸗
den,“ murmelte er mit einer wahrhaft dia⸗
bolischen Miene und begab sich sogleich zu
dem Procuristen Frank, welchem er diese
Annonce mit einem bedeutungsvollen „Lesen
Sie, mein lieber Freund!“ zeigte.
„Ach so, Sie denken dabei an unseren
kleinen Fiudling,“ sprach dieser lachend.
„Natürlich, — das kleine Ding ist jetzt
wohl beinahe 10 Jahre alt, — es fängt
bald an, uns unbequem zu werden. Wie gerirt
es sich denn eigentlich? —“